Moin,
hat denn niemand eine Meinung zum Weltjugendtag? Ist beim WJT "alles paletti" gewesen oder eher "sch...egal"?
Nicht dass ich dort gewesen wäre, nö. Erstens bin ich nicht mehr im angepeilten Altersbereich (selbst meine Kinder, so ich denn welche hätte, wären wohl schon hart an der Altersgrenze). Zweitens würde ich mich in solchen Menschenmassen überhaupt nicht wohlfühlen. Und drittens hatte ich schon in den Siebzigerjahren meine Schwierigkeiten mit allem, was unter dem Begriff "happy Jesus feeling" umschrieben war. Meine Anteilnahme beschränkte sich auf einige Berichterstattungen im Radio und Fernsehen (einschließlich der Übertragung des Abschlussgottesdienstes). Manches ließ mich dabei stutzig werden: angefangen bei der "Papst-Botschaft an die Jugend der Welt" ausgerechnet in der BLÖD-Zeitung (!?), über den BRAVO-Starschnitt des Papstes bis hin zum Superstarrummel um Benedikt. Sehr enttäuscht hat mich im Abschlussgottesdienst der ausführliche und eindringliche Hinweis, dass alle Teilnehmer vom gemeinsamen Mahl ausgeschlossen sind, die nicht 100%ig katholisch sind. Wäre Frère Roger, so er denn am WJT teilgenommen hätte, die Kommunion verweigert worden? Und ist nicht gerade ein solches Fest der Jugend der Welt, auf dem die einmalig gute Gemeinschaft immer wieder sehr betont wurde, eine Gelegenheit, die "communio" im Wortsinn zu feiern?
Es gibt aber auch andere Eindrücke. So hat mich positiv überrascht, dass diese begeisterte Jugend es geschafft hat, dem ehemaligen Kardinal Ratzinger weiche, ja gütige und seinerseits begeisterte Züge ins Gesicht zu zaubern, die wohl kaum jemand erwartet hätte, der den Leiter der Glaubenskongregation als strengen (um nicht zu sagen: ausgesprochen harten) Nachfolger der "Heiligen Römischen Inquisition" erlebt hat. Hoffentlich hält diese Wandlung von Ratzinger zu Benedikt weiter an und entwickelt sich fort (wenn es denn wirklich eine Wandlung ist und nicht nur eine Stimmung).
Am meisten erstaunt aber hat mich das Verhalten der Jugendlichen. So richtig einordnen kann ich's noch nicht. Einerseits der überschwängliche Starrummel mit Be-ne-detto-Rufen etc., andererseits ganz viel Gebet und öffentliches Bekenntnis. Vielleicht zeigt sich hier eine ganz neue Leichtigkeit im Umgang mit Glauben und Kirche. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass all diese jungen Leute ihren Alltag ausschließlich "streng katholisch" leben. Vielmehr drängt sich mir der Eindruck auf, dass hier endlich eine Generation heranwächst, der es gelingen könnte, sich von der Kirche zu emanzipieren, ohne ihr den Rücken zu kehren. Nicht im Sinne von Beliebigkeit. Vielmehr gemäß dem Grundtenor der "Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland" vor über 30 Jahren: verantwortete Gewissensentscheidung statt Buchstabengehorsam. Daraus, denke ich, kann eine solche offene Glaubensfreude erwachsen, die keiner Leidensmine mit schief gehaltenem Kopf bedarf. Eine schöne Hoffnung.
so long lus |