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Forum www.religion-und-spiritualitaet.de    Religion und Spiritualität    Vaterunser  ›  „Geheiligt werde dein Name!“   Moderatoren: Weber
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„Geheiligt werde dein Name!“    Dieses Thema wurde bisher 2.337 mal gelesen. Thema ausdrucken Thema ausdrucken
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Sardy
16 Juli 2006, 16:07 Einem Moderator melden Einem Moderator melden
26 - 50 Beiträge
Beiträge: 30

„Geheiligt werde dein Name!“  -  Wichtig sind zunächst die Anliegen Gottes

Wir haben bis jetzt überlegt, was „Vater im Himmel“ für uns bedeutet. Wer seinen Gott so sieht, dessen Blick bleibt wie gefesselt bei ihm, der kann darüber nicht einfach „zur Tagesordnung übergehen“. Deshalb bleibt Jesus auch bei diesem faszinierenden Du. Er führt sein Gebet mit einer dreifachen Bitte weiter: „Geheiligt werde dein Name, Dein Reich komme, Dein Wille geschehe“, - und alle drei drehen sich um Gottes Anliegen. Diese drei Ausdrücke passen freilich so wenig in unsere heutige Begriffswelt, dass wir sie nicht wie Selbstverständlichkeiten nachsprechen können. - Was sagen sie eigentlich?

„Dein Name“  -  mehr als ein Name

In der ersten Bitte ist von Gottes Namen die Rede. - Menschen einer früheren Zeit waren noch sehr beeindruckt davon, dass sie mit der Sprache ihre Umwelt sozusagen „in den Griff bekommen“ konnten. Deshalb stellten sie sich auch die göttliche Schöpferkraft so vor, dass Gott die Namen der einzelnen Geschöpfe ausspricht und sie damit ins Dasein ruft. Ähnlich beschrieben sie, wie der erste Mensch im Paradies allen Tieren einen Namen gab und damit Macht über sie gewann. Für diese Menschen war der Name geheimnisvoll mit dem Bezeichneten verbunden, auf den man in Kenntnis seines Namens sogar magischen Einfluss ausüben konnte.

In den Zehn Geboten wurde den Juden verboten, Gottes geoffenbarten Namen (Jahwe) leichtfertig auszusprechen. Später, etwa um die Zeit Jesu, begannen sie, jegliches Aussprechen dieses Namens zu verbieten. Mit ihrem Schweigen vor dem „Namen“ wollten sie betonen, dass Gottes Wesen für den Menschen nicht aussprechbar, nicht denkbar, nicht vorstellbar und in keiner Weise verfügbar ist.

Es ist gut daran zu denken, dass Jesus als Jude Gott sehr wohl als Vater ansprechen konnte, aber nicht annehmen durfte, IHN wirklich zu kennen. Er hat nach seiner Taufe die Nähe dieses unaussprechlichen Gottes so tief erlebt, dass er daran nicht zweifeln konnte. Sein Wesen beschreiben konnte er freilich nicht. Aber er versuchte leidenschaftlich, durch Gleichnisse den anderen mitzuteilen, was er über diesen Gott erfahren hat. Und trotz allen Vergleichens musste er als Jude daran festhalten, dass Gott niemand sehen, begreifen und aussprechen kann. Er hat sich auch konsequent darauf beschränkt zu erzählen, wie Gott zu den Menschen ist. Wie ER für sich ist, ließ Jesus ehrfurchtsvoll in unerreichbarer Transzendenz bleiben. Seiner jüdischen Tradition treu konnte er sich mit ganzem Herzen dem erlebten göttlichen Vater anvertrauen, aber er konnte sich nicht mit ihm auf gleicher Ebene sehen. Wie wenig er sich allein auf der Seite Gottes gesehen hat, zeigte er damit, dass er auch seine Zuhörer aufforderte, Töchter und Söhne Gottes zu werden.

Wenn ein Jude den „Namen“ Gottes erwähnt hat, meinte er damit Gott selber. Dieser Name, der nicht ausgesprochen wurde, war Inhalt von innigen Gebeten, die auch Jesus bestimmt oft gesprochen hat: „Herr, wie gewaltig ist dein Name auf der ganzen Erde!“ „Ich will dem Herrn danken, ... dem Namen des Herrn singen!“, oder: „Lobe den Herrn meine Seele, und alles in mir seinen heiligen Namen!“

In unserer heutigen Sprache müssten wir deshalb die Worte „dein Name“ hier einfach mit „Du“ ersetzen. Wenn wir aber bedenken, warum die Juden Gott nicht direkt genannt, sondern als „Namen“ umschrieben haben, werden wir doch zögern, das vertrauliche Du zu sagen. Wir werden daran denken, dass ER für uns letztlich undenkbar und unverfügbar bleibt. Und dann werden wir doch gern „Dein Name“ sagen als ehrfurchtsvolle Umschreibung eines „göttlichen Du“, dem gegenüber Vertrauen, aber keine Vertraulichkeit angemessen ist.

Wir sollen hier beten, dass dieser „Name“, das heißt Gott selber, geheiligt werde. Auch dieser Ausdruck ist uns heute nicht ohne weiteres verständlich.

Heilig wurde etwas genannt, das einen eigenartigen Schauder verursacht hat. Dieser Schauder war eine bestimmte innere Erfahrung, eine unerklärliche Ergriffenheit eines Menschen vor etwas Unbeschreiblichem. Das „Heilige“ hat die Menschen fasziniert und zugleich erschreckt. Es sprengte den Rahmen ihrer alltäglichen Erfahrungen und ließ ungeahnte Möglichkeiten oder Bedrohungen fühlen. Solche Erfahrungen sind auch heute noch möglich. Sie deuten auf eine Wirklichkeit hin, die unseren Sinnen nicht zugänglich, aber von unserer Seele gespürt und erlebt werden kann. Insofern sind sie Hinweise auf das Dasein von etwas Größerem, das unsere Erfahrungswelt übersteigt.

Im kleinen Volk der Juden reifte die Erkenntnis, dass dieses Größere ein „Jemand“ ist: „Höre Israel! Jahwe, unser Gott, Jahwe ist einzig“ (Dtn 6,4). Dieser Eine hat sich, seit es Menschen gibt, ihnen in religiösen Erfahrungen gezeigt; er hat sie angesprochen und ließ sich von ihnen ansprechen. Deshalb galt es in Israel, dass letztlich nur Gott allein heilig genannt werden kann. „Der Heilige Israels“ wurde deshalb einfach die Bezeichnung des einen Gottes.

Was bedeutet dann „den Namen Gottes heiligen“? - Schlicht und einfach: Gott als höchste Wirklichkeit, also in allem als maßgeblich anerkennen. Wie die Menschen Gott ganz konkret „heiligen“, also anerkennen können, das ist wohl so verschieden, wie Menschen verschieden sein können. - Die Bibel der Juden umschrieb das „Heiligen“ des Namens Gottes vor allem mit zwei Worten: Das Volk sollte Gott fürchten und ihm gehorsam sein  (z. B.: Jes 8,13; Lev 22,31f). Die Furcht war ein seelischer Zustand, der Gehorsam aber ein ganzes Geflecht von sozialen Handlungen, angefangen beim Opferdienst des Tempels bis zur „Heiligung“ des Sabbats und zu den Speisevorschriften.

„Heiligen“ - mehr als Gott fürchten

Das Überraschende für uns ist nun, dass Jesus gerade auf diese zwei Ausdrucksformen keinen Wert gelegt hat! Er betonte, dass wir Gott als guten Vater lieben sollen – und Lieben verträgt sich nicht mit Furcht. Zu den Speisevorschriften betonte er, dass der Mensch nicht dadurch unrein („entheiligt“) wird, was in seinen Magen eingeht, sondern durch das, was „aus seinem Herzen kommt“ (Mk 7,18-23). Auch das „Heiligen des Sabbats“ musste bei ihm etwas Wichtigerem weichen. Damit distanzierte er sich deutlich von allen äußeren Gehorsamsleistungen.

Was konnte für Jesus die Heiligung dieses neuen Gottesnamens ganz konkret bedeuten? Das zeigte er durch sein ganzes Leben. An Stelle der Furcht lebte er Gott gegenüber Vertrauen, Hochschätzung, Liebe. Seine konkreten Handlungen aber zielten auf die Befreiung der Menschen. Er befreite sie mit seiner „frohen Botschaft“ von Ängsten, von Schuldgefühlen, oft auch von Krankheiten. Er war darin mit dem Propheten Jesaja einig, der statt äußere religiöse Akte (wie Fasten) Wesentlicheres verlangt hat, nämlich: „Die Fesseln des Unrechts zu lösen, die Versklavten freizulassen, an die Hungrigen dein Brot auszuteilen, die obdachlosen Armen ins Haus aufzunehmen, wenn du einen Nackten siehst, ihn zu bekleiden und dich deinen Verwandten nicht zu entziehen.“ (Jes 58,6f)

Was bedeutet also konkret für uns, „den Namen unseres Vaters zu heiligen“? - Es bedeutet Gott als den höchsten Wert anerkennen! Aber wie ist das möglich, wenn wir diesen höchsten Wert gerade nicht konkret benennen können? - Was konkret ist und zum höchsten Wert gemacht wird, wird automatisch zum falschen Gott, zum Götzen. In einer fernen Vergangenheit war dieser Götze z. B. der römische Kaiser, im 20. Jahrhundert ein „Führer“ oder eine Partei, in unserer Gegenwart vielleicht die Karriere oder die höchste Rendite. Wer alles einem solchen konkreten Wert unterordnet, dient einem Götzen und hat den wahren Gott entthront.

Den Vater Jesu anerkennen heißt, sich in seinen Dienst zu stellen, sich ihm anzuschließen, unsere Grenzen überwinden, uns in Liebe für andere öffnen. Was dies für jeden einzelnen bedeutet, mag jeder selber finden. Zur Orientierung könnten die Worte des Jesaja dienen, die wir soeben aufgeführt haben.

Es bleibt nur noch eine Sache zu erwähnen. Warum sagt Jesus: „Dein Name werde geheiligt“? - Eine solche Formulierung (passivum divinum) wurde damals von Juden verwendet, wenn sie das Wirken Gottes meinten, ihn aber aus Ehrfurcht nicht nennen wollten. Jesus sagte also nicht, wir sollten nur wünschen oder uns dafür einsetzen, dass Gott endlich anerkannt werde, sondern dass ER selber es ist, der seinen Namen heiligen wird. Aber wie? Dieser Gott ist von seiner Schöpfung nicht getrennt, dass er von außen, etwa durch Androhung von Strafen (wie das alte Bundesvolk es geglaubt hat) sich Gehorsam verschaffen müsste. Er wirkt auch keine Wunder, um Menschen zu bewegen. Er erzwingt nichts, aber er schenkt allen, die „seinen Namen lieben“, die richtige Einstellung. Jesus deutet hier also Gottes Hilfe an, die in uns unvermutete Möglichkeiten schafft. Er will damit unser Vertrauen stärken.

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