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Forum www.religion-und-spiritualitaet.de    Religion und Spiritualität    Glaube  ›  Ich vertraue dem Schöpfer Moderatoren: Weber
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Ich vertraue dem Schöpfer  Dieses Thema wurde bisher 2.256 mal gelesen. Thema ausdrucken Thema ausdrucken
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Sardy
23 August 2006, 18:09 Einem Moderator melden Einem Moderator melden
26 - 50 Beiträge
Beiträge: 30
Der Begriff eines Schöpfers benützt das Bild eines zielstrebig planenden und handelnden Menschen, etwa eines Handwerkers oder Künstlers. Dieses Bild ist nicht die einzige Möglichkeit, die Frage nach der Herkunft der Welt zu beantworten. Es gibt Schöpfungsmythen mit den Bildern von Zeugung und Geburt oder eines Kampfes, die den ältesten Erfahrungen der Menschheit mit Sicherheit näher liegen als die Herstellung eines Gegenstandes.

Bemerkenswert ist, dass gleich der erste Satz der Bibel: „Am Anfang schuf Gott ...“ im hebräischen Original statt des Namens Gottes ein Wort in Plural verwendet: „Elohim“ (wörtlich wie „Götter“). Dieses Wort könnte man aus heutiger Sicht ohne weiteres auch abstrakt als „Gottheit“ oder auch als „göttliche Kräfte“ übersetzen. Diese „göttlichen Kräfte“ tun „am Anfang“  nichts anderes als sprechen. Ihr „Sprechen“ könnten wir treffend als die Festlegung einer „Zielvorstellung“ bezeichnen; die einzelnen Schritte der Ausführung geschehen dann aber alle durch natürliche Kräfte des entstehenden Kosmos, die diese Zielvorstellung nach und nach verwirklichen.

Heute, vor dem Hintergrund der einfachen Weltformeln der theoretischen Physik, ist allerdings möglich geworden, sich den Schöpfer wie einen großen theoretischen Physiker vorzustellen, der „am Anfang“ (vor dem „Urknall“) eine mathematisch sehr einfache und abstrakte Struktur der Energie bzw. Materie entwirft, die aber (erstaunlich!) geeignet ist, alle Gesetze der Physik, Chemie, Molekularbiologie, Psychologie usw. zu begründen, so dass sie im Laufe einer Entwicklung den ganzen Reichtum der von uns beobachteten Welt hervorbringen konnte. Aber auch dieses Bild ist nach einem uns vertrauten menschlichen Vorbild gestaltet. Das Beobachten der uns bekannten Vorgänge bietet keinen Hinweis auf das Wirken eines Schöpfers, dessen Eingriff vom Wirken seiner Geschöpfe verschieden wäre.

Dafür erleben aber viele Menschen eine numinose Qualität des Kosmos, die von Menschen aller Kulturstufen seit Urzeiten gespürt wurde und von Vielen (auch von Naturwissenschaftlern) auch heute noch gespürt wird, etwa in den unbeschreiblichen Dimensionen des Weltalls, in der Einfachheit der Naturgesetze, in den Schönheiten der Natur, in den Schöpfungen der Kunst und Technik und ganz besonders auch in der Liebe zwischen Menschen. Sie sind fasziniert von einem großen Zusammenhang, als dessen Teil sie sich selbst erleben. Wache Menschen erahnen auf diese Weise, dass die sie umgebende Wirklichkeit nicht sinnlos und leer ist. Sie spüren, dass etwas, oder vielleicht Jemand da ist, den man „ertasten und finden könnte, denn keinem von uns ist er fern. In ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir“ (Apg 17,2. Dieses „Ertasten“ geschah im Laufe der Geschichte durch die Ausbildung von Gottesbildern, die natürlich nur aus den Elementen der menschlichen Vorstellungswelt zusammengesetzt werden konnten und damit notwendiger Weise irgendwie „Menschen ähnlich“ (anthropomorph) sein mussten. Aus dieser einfachen Tatsache folgt, dass die Menschen auch sich selbst als „nach dem Bild“ ihrer Gottheit(en) erschaffen begreifen müssen.

Erinnern wir uns hier kurz daran, was wir bereits vom EINEN Gott festgehalten haben! Diese Einsicht sagt, dass alles in ihm ist und nichts von ihm getrennt – aber wie die Vielen aus dem EINEN hervorgehen und was die für uns nicht wahrnehmbare EINHEIT des Seins mit der erfahrenen Vielheit zu tun hat, das zu denken gelingt uns nicht. Immerhin, wir haben damit schon ein kleines Stück der docta ignorantia („belehrte Unwissenheit“) erreicht, wo uns eine Erkenntnis zusammen mit ihrer Begrenztheit bewusst wurde. Diese Erkenntnis wird unseren Alltag bereichern, wenn wir immer mehr verinnerlichen, dass in allem, was uns nur begegnet, „göttliche Kräfte“ wirksam sind. Aber was wissen wir von dem Gott, der durch diese Kräfte wirkt? Wir haben genug Hinweise darauf, dass die uns überlieferten Gottesbilder mehr vom Denken der Menschen als vom „wahren Wesen“ Gottes verraten. Auf jeden Fall haben wir keinen Grund, einen „göttlichen Uhrmacher“ anzunehmen, der (wie ein Mensch) sein Werk einmal fertig gestellt und aus der Hand gegeben hätte, so dass diese „Uhr“ jetzt auch ohne ihn, oder sogar entgegen seiner Vorstellung, weiter „ticken“ könnte. Die „Schöpfung“ ereignet sich in jedem Augenblick und der „Schöpfer“ ist uns immer und überall nahe, da er von uns getrennt gar nicht gedacht werden kann. Überlegen wir, was dies konkret bedeuten kann.

„Ich vertraue dem Schöpfer des Himmels und der Erde“

„Himmel und Erde“ beziehen sich hier natürlich auf den Menschen, dessen Weltbild Himmel und Erde umfasst. Er erlebt Himmel und Erde gewöhnlich getrennt: er sieht die Erde „unter“ seinen Füßen und schaut „hinauf“ zum Himmel. Ganz ähnlich schaut er aber auch auf seinen Leib „hinunter“ und wähnt seinen Geist „oben“ (im Kopf). Er ist deshalb gewohnt, wie den Himmel von der Erde, so auch seinen Leib von der Seele (bzw. Geist) begrifflich zu unterscheiden. Was getrennt gedacht wird, kann aber trotzdem in der Wirklichkeit eins sein. Für die Naturwissenschaft sind Leib und Seele nur zwei Sichtweisen des (einen) Menschen. Auch die Bibel betont, dass die „göttlichen Kräfte“ („Elohim“) Himmel und Erde zugleich und nicht von einander getrennt hervorgebracht haben. Beide bilden die eine Schöpfung des EINEN: der Himmel ist also nicht „göttlicher“ als die Erde, wie auch der Leib des Menschen keineswegs „irdischer“ ist als sein Geist. Unsere erstrebte Spiritualität – wenn wir unserem Ursprung treu bleiben wollen – wird also die Aufgabe haben, auch den Menschen als Einheit von Leib und Seele wahrzunehmen und ernst zu nehmen.

Nach der Apostelgeschichte hat Paulus in einer Rede in Athen über den „unbekannten Gott“ diesen Satz gesagt: „Wir sind von seiner (göttlichen) Art“ (Apg 17,2, d. h. der Mensch ist mit dem Göttlichen verwandt. Da man ihn aber nicht in Leib und Seele aufspalten darf, muss diese Verwandtschaft mit gleichem Recht für seinen Leib wie von seiner Seele gelten. Die Kirche unserer „Väter“ wollte die Menschen noch dazu bewegen, „das Irdische zu verachten und das Himmlische zu lieben“ und damit den Leib gleichsam als Gefängnis der Seele und seine natürlichen Neigungen vor allem als Versuchungen zur Sünde und Gefährdungen seines „Seelenheils“ zu sehen. Es fiel dabei kaum jemandem auf, dass die derart empfohlene Verachtung des Leibes (und alles Irdischen) auch ein Urteil über die Schöpfung und damit eine Beleidigung des Schöpfers sein könnte. Das kirchliche Denken war bis in die jüngste Zeit der Weltsicht des im Altertum weit verbreiteten Manichäismus verpflichtet, der die Übel der Welt damit erklärte, dass die Materie nicht vom guten Gott sondern von seinem „Widersacher“ geschaffen wurde. Die alte Kirche hat zwar diese dualistische Vorstellung verworfen, war aber nicht konsequent genug, ihren Einfluss auf die eigene Lehre radikal zu überwinden. Heute sollten wir imstande sein, diesen notwendigen Schritt endlich zu vollziehen.

Wer dem „Schöpfer des Himmel und der Erde“ wirklich vertraut, wird also dankbar, im Leib zu sein, bzw. dankbar, ein Leib zu sein. – Er wird die jahrhundertelang kultivierte christliche Leibfeindlichkeit weit zurücklassen und damit die Reife des alttestamentarischen Weisen wieder erreichen, der solche Sätze schreiben konnte: „Wer sich selbst nichts gönnt, wem kann der Gutes tun? Er  wird seinem eigenen Glück nicht begegnen.“ – „Mein Sohn, wenn du imstande bist, pflege dich selbst; soweit du kannst, lass es dir gut gehen!“ – „Versag dir nicht das Glück des heutigen Tages; an der Lust, die dir zusteht, geh nicht vorbei!“ (Sir 14,5.11.14).

Wer dem „Schöpfer des Himmel und der Erde“ wirklich vertraut, wird auch vor den anderen Geschöpfen des gleichen Vaters Achtung haben. Er wird das Anders-Sein anderer Menschen, das ihm oft als fremd und damit bedrohlich erscheint, als Reichtum der Schöpfung Gottes ansehen. Diese Haltung zeigt sich in einer ehrlichen Toleranz, die erste Stufe der universalen Liebe, die in der Feindesliebe gipfelt und die Menschen dem „himmlischen Vater“ ähnlich und damit zu seinen „echten“ Kindern macht.

Wer dem „Schöpfer des Himmel und der Erde“ wirklich vertraut, wird auch Freude an seiner Schöpfung haben. Im Buch der Sprüche finden wir ein unvergleichliches Bild dazu, wo „die Weisheit“ sich selbst als ein „göttliches Kind“ schildert: „Als er (Gott) die Fundamente der Erde abmaß, da war ich als geliebtes Kind bei ihm. Ich war seine Freude Tag für Tag und spielte vor ihm allezeit. Ich spielte auf seinem Erdenrund, und meine Freude war es, bei den Menschen zu sein.“ (Spr 8, 30-31). Diese Szene verschwendet keinen Gedanken darauf, ob die Schöpfung gut ist. Die „Weisheit“ spielt – wie ein Kind – einfach und sorglos vor den Augen des Schöpfergottes. Gott hat „seine Freude“ an diesem Kind, das sich über die Menschen freut, so wie sie erschaffen sind. Aus diesem Bild strahlt die gesunde Lebensfreude eines Kindes, dessen Ansprüche allein schon mit der „Lust am Sein und am Funktionieren“ erfüllt sind.

In seinem rätselhaften Wort „Wer das Reich Gottes nicht so annimmt, wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen“ (Mk 10,15) hat Jesus genau diese einfache Haltung eines Kindes gegenüber Gott und seinem „Werk“ empfohlen. Ein solches Kind freut sich über alles, was Gott entstehen lässt. Es freut sich auch über das eigene Leben und lebt es im Augenblick – ob in Lust oder Schmerz – ohne  sich von Gedanken an die Gefährdungen dieses Lebens ängstigen und lähmen zu lassen. Erst wenn jemand zu einem solchen Kind wird, ist er geeignet dafür, was Jesus das „Reich Gottes“ genannt hat. Er kann dann, auch wenn er wegen der Umstände am Leben verzweifeln könnte, trotzdem vielleicht noch sagen: „Wenn ich nur wie eine Seifenblase in der Hand eines spielenden „göttlichen Kindes“ wäre, das mich erschafft, nur um sich über mein Leben und mein Vergehen zu freuen – dann möchte ich wenigstens eine besonders schöne Seifenblase sein und besonders weit fliegen!“ Das wäre eine hohe Form des vertrauenden Glaubens an den Schöpfer. Ein solcher Mensch wäre mit dieser Hingabe schon im „Reich Gottes“.
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