Liebe Christen!
Einmal im Jahr feiert die katholische Kirche ein Fest der heiligen Familie. Gemeint ist natürlich die „Familie“ bestehend aus Josef, Maria und Jesus: eigentlich eine Patchworkfamilie, die mit dem Familienideal, das wir in der katholischen Kirche propagieren, nichts zu tun hat. In der sog. heiligen Familie gibt es keine Eheschließung, wohl aber eine ledige Mutter und einen Mann, der Partner der Mutter ist, aber eben nicht der Vater des Kindes. Am liebsten möchte sich Josef absetzen, um seinen eigenen und den Ruf der Mutter nicht zu schädigen. Aber Gott will das gar nicht. Und so haben wir ein gottgewolltes Durcheinander. Ähnlich ist die Situation der Familie heute in Südamerika und in Afrika, und auch bei uns wird das mehr und mehr zur Regel. Richtig menschlich ging das damals bei der Menschwerdung Gottes zu. Eigentlich könnte ein solches Fest der heiligen (Patchwork-) Familie eine wirkliche Ermutigung sein für alle, die in ähnlicher Situation stehen: allein erziehende Frauen oder Männer, die in zusammen gewürfelten Partnerschaften leben und sich eher als Notgemeinschaft verstehen denn als geordnete Familie, wie sie von der Kirche propagiert wird. Jeder muss ja sehen, wo er bleibt und wie er zurecht kommt. Und ein kirchliches Fest könnte da schon Vertrauen und Ermutigung verbreiten und klar machen, dass Gott solche Gemeinschaften nicht minder (ab-) segnet als die anderen, die nach den kirchlichen Normen eine Familie leben, zudem vom Staat geschützt und gefördert.
Aber leider verfehlt das Fest der heiligen Familie diesen Effekt. Denn die Theologen haben es fertig gebracht, die Mitglieder der heiligen Familie so weit zu entrücken, dass die mit unserem wirklichen Leben nichts mehr zu tun haben. Maria wurde zu einer theologischen Superfrau, die „ohne Erbsünde“ empfangen ist; d. h. den Begriff der Sünde (= Unordnung des Lebens bzw. „Zustand des Mangels an der ursprünglichen Heiligkeit und Gerechtigkeit“ – so der neue Katechismus) darf man mit Maria erst gar nicht in Verbindung bringen. Die Zeugung des Kindes geschieht nicht durch einen Mann, wodurch der Verdacht genährt wird, dass Sexualität doch irgendwie vom Bösen ist. Und Josef steht da wie ein Trottel, der in der biblischen Erzählung dann auch bald gänzlich von der Bildfläche verschwindet. Und Jesus wird Sohn Gottes genannt, aufs Podest gestellt und hat nichts mehr mit einem normalen Kind gemein. Schade eigentlich, wo doch die Menschwerdung Gottes grade die Nähe Gottes zum wirklichen Leben ausdrücken sollte.
Was tun? Kirche hat in der Vergangenheit ein bestimmtes Modell von Familie entwickelt und durchzusetzen versucht. Das war dann die sog. heilige Familie, die christliche Vorzeigefamilie. Zu Unrecht wurden auch Josef, Maria und Jesus zu diesem Modell zurecht gebogen. Die Gefahr war dann groß, dass alle, die dieser Vorgabe nicht entsprachen, gnadenlos verurteilt wurden. Doch die Bibel sagt eigentlich etwas anderes: dass Gott allen Menschen nahe ist mit seiner unendlichen Liebe, grade denen, die sich in schwierigen Lebenssituationen mit ihren Kindern der Zukunft stellen. Und das müsste auch die Kirche deutlich machen: bei den Menschen sein, wo Enttäuschung, Not und Versagen das Leben Alleinerziehender schwer machen. Theologische Idealgestalten zu entwerfen, also Luftschlösser zu bauen ist keine Kunst; aber Menschen in schwierigen Lebenssituationen zu begleiten, ohne sie zu verurteilen, das ist echte Seelsorge. Die brauchen wir heute – trotz Priestermangels. Denn das können nicht nur Männer, die im Zölibat leben.
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