Meine lieben Zuhörerinnen und Zuhörer!
Ich habe Ihnen gerade die Osterbotschaft nach dem Markusevangelium vorgelesen. Wir haben ja das Markus-Jahr, d. h. wir lesen in diesem Jahr hauptsächlich aus dem Markusevangelium vor, um die Art wie Markus die Frohbotschaft überliefert kennenzulernen. Allerdings haben die Liturgen in Rom, die die Texte damals bei der Liturgiereform ausgewählt haben, den letzten Vers der Auferstehungsgeschichte ausgelassen. Und der heißt: „Da verließen die Frauen das Grab und flohen; denn Schrecken und Entsetzen hatte sie gepackt. Und sie sagten niemand etwas davon; denn sie fürchteten sich“ (V.
“ Die Osterbotschaft hat also ganz am Anfang nicht nur Halleluja Rufe und Freude bei den Menschen erzeugt, sondern eben auch Angst und Erschrecken. Letzteres hat Markus in seine Überlieferung aufgenommen. Die Frauen müssen das wohl für einen Spuk gehalten haben, obwohl der Engel im Grab ihnen eine Interpretation, eine Deutung des Geschehens mit auf den Weg gegeben hat. Von daher ist es gar nicht verwunderlich, wenn sich auch heute Menschen schwer tun, die Osterbotschaft recht zu verstehen. Das war wohl zu allen Zeiten so. Und ich erzähle Ihnen nichts Neues, wenn ich sage, dass auch Pfarrer und andere, die Theologie studiert haben, damit ihre Schwierigkeiten haben.
Die Schwierigkeit besteht meines Erachtens darin, dass Jesus ein klares Ja zum Willen des Vaters gesagt hat und dieses Ja ihm ein schreckliches Schicksal, nämlich den Tod am Kreuz eingebracht hat. Und nun soll – nach Ostern - auf einmal alles so unwahrscheinlich positiv gesehen werden, als wenn das Schreckliche nicht geschehen wäre. Aber es ist eben nicht so, dass das Schreckliche an Ostern ungeschehen gemacht wird, sondern Jesu Ja zum unabwendbaren Leiden wurde für die Menschen zu einer großen Hoffnung. Das kann man nicht verstehen, das kann man nur als eine Option betrachten, als eine Möglichkeit, mit dem Leid dieser Welt fertig zu werden. Ich möchte es mal so ausdrücken: Jeder Mensch erfährt im Laufe seines Lebens, dass das Leben brüchig ist. Z.B. bleibt uns die Erfahrung nicht erspart, dass ein Mensch, der uns sehr nahe steht, plötzlich stirbt, etwa ein Elternteil, ein Lebenspartner oder das Kind, das eigentlich sein ganzes Leben noch vor sich hatte. – Oder die Erfahrung, dass eine schwere Krankheit ganz plötzlich und unerwartet das Leben auf den Kopf stellt. – Oder die Erfahrung, dass eine Ehe, die mit so viel Erwartungen, gutem Willen und Zuversicht geschlossen wurde, plötzlich zerbricht. – Das alles sind Brüche im Leben, die keiner verhindern kann. Und der größte Bruch ist natürlich der eigene Tod, dem jeder ausgeliefert ist und vor dem sich letztendlich keiner schützen kann. In solchen Situationen stellt sich die Gretchenfrage: „Wie hältst du´s mit der Religion?“ Wie wird man mit den Brüchen im Leben, mit dem Leid, fertig ohne die Religion? Die christliche Religion hält in jedem Leid die Ahnung wach, das ein Fünkchen Hoffnung bleibt, Hoffnung auf Neues, Hoffnung auf Überleben. Und selbst das Sterben des Leibes kann im Zeichen der Hoffnung geschehen.
Manchmal bedarf es auch eines mitfühlenden Menschen an der Seite, der an diese Hoffnung glaubt, der sie lebt und in seiner empathischen Art seine Mitmenschen mit Hoffnung und Leben ansteckt. Das ist Ermutigung zum Leben, zum Leben in der Auferstehung. Ostern ist für den gläubigen Menschen das Fest der Hoffnung schlechthin. Und wir alle könnten Zeugen dieser Hoffnung sein – im Wort wie in der Tat.
Die Auferstehung Jesu ist kein Spuk, von dem man wegläuft, sondern das Fest des Lebens inmitten des Todes.
Amen.