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Forum www.religion-und-spiritualitaet.de    Religion und Spiritualität    Kirche  ›  Zölibat in der Diskussion Moderatoren: Weber
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Zölibat in der Diskussion  Dieses Thema wurde bisher 1.303 mal gelesen. Thema ausdrucken Thema ausdrucken
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Weber
15 August 2019, 21:31 Einem Moderator melden Einem Moderator melden
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Beiträge: 210
Meine lieben Zuhörerinnen und Zuhörer!

Der Münsteraner Kirchenhistoriker Professor Hubert Wolf hat jüngst ein Buch veröffentlicht über den Zölibat. In 16 Kapiteln bündelt er historische Erkenntnisse und aktuelle Argumentationen zum Thema Zölibat. Ich nehme das zur Grundlage für einige Statements in der gegenwärtigen Diskussion um den Zölibat.

1.     Statement:
Die Kirchengeschichte kennt kein durchgehendes Zölibatsgesetz für Priester, das vom Neuen Testament bis heute die Ehelosigkeit des Priesters vorschreibt. Bekanntlich hat Jesus die Schwiegermutter des Petrus geheilt. Das berichten alle drei synoptischen Evangelien. Wenn also Petrus der erste Papst war, dann war der erste Papst verheiratet.
Erst langsam hat sich die Ehelosigkeit als Lebensform des Priesters entwickelt. Sehr früh schon wurde die Forderung erhoben, dass der Priester bzw. Bischof nur einmal verheiratet sein durfte. Dann wurde die zeitweise Enthaltsamkeit der Priester gefordert vor allem vor der Wahrnehmung des Altardienstes – ähnlich dem Nüchternheitsgebot der Laien früher vor dem Empfang der Kommunion. Erst am Ende des 1. Jahrtausends wurde die generelle Enthaltsamkeit des Priesters in der Ehe (!) gefordert, während die Priesterehe weiterhin geduldet wurde und nicht als Skandal galt.
Begründet wurde gelegentlich die Forderung der Ehelosigkeit des Priesters auch mit einem Argument des Erbrechts. Nach damaligem Erbrecht waren nur die ehelichen Kinder erbberechtigt, nicht die uneheliche. Damit ging die Pfründe, die mit dem Amt verbunden war, an die Kirche zurück und nicht an die Kinder.
Nach der Reformation, wo in der evangelischen Kirche die Zölibatspflicht nicht mehr galt, wurde der Zölibat zu einer Frage der Rechtgläubigkeit und des katholischen Kirchenverständnisses, also zu Argument der Abgrenzung.
Die entscheidende Einschärfung der Zölibatspflicht brachte das Kirchliche Gesetzbuch von 1917 (CIC). Erst da wurde eine bestehende Ehe zum Weihehindernis. Wer trotzdem heiratete, wurde unehrenhaft aus dem Amt entfernt – wie das heute auch noch der Fall ist. Kein Wunder, dass sich bis heute kein Bischof traut, diese Tabuzone Zölibat anzutasten. Das Argument lautet: „Das kann man nur gesamtkirchlich lösen – sprich: Das kann nur der Papst mit einem Machtwort ändern.
Nun hat der Papst die südamerikanischen Bischöfe aufgefordert, für die im Herbst beginnende Bischofssynode mit ihnen „mutige Vorschläge“ zu machen, wie man dem Priestermangel begegnen könne; denn dort gibt es noch viel weniger Priester als bei uns. Und auch das Zölibatsgesetz soll da auf den Prüfstand. Wozu wir bisher nicht in der Lage waren, das sollen nun die Südamerikaner richten.

2.     Statement:
Die römisch-katholische Kirche kennt durchaus auch die Ausnahmen vom Zölibat, sie kennt also Priester, denen es gestattet ist, verheiratet zu sein. Es sind solche Pfarrer, die aus christlichen Kofessionen zum katholischen Glauben konvertieren.
Diese Ausnahmen finden wir vor allem in den Ostkirchen. Denn in der Vergangenheit hat es immer mal Versuche gegeben, dass Teile der Orthodoxie die volle Gemeinschaft mit der römischen Kirche angestrebt hatten. Wo das gelungen war, wurde den orthodoxen Geistlichen gestattet, ihre Ehen weiter zu führen, wenn sie den Papst als Oberhaupt der katholischen Kirche und all seine Funktionen anerkannten und natürlich auch dem katholischen Glauben zustimmten.
Bekannt sind vom Zweiten Vatikanischen Konzil folgende Worte des damaligen Patriarchen der melkitischen griechisch-orthodoxen Kirche Maximos IV. Saigh, nachdem westliche Konzilsväter die Erhabenheit des Zölibats gepriesen hatten: „Wenn man die Schönheit des zölibatären Priestertums hervorhebt, soll man nicht die parallele und gleichfalls apostolische Tradition eines Priestertums zerstören oder missachten, das die Bande der heiligen Ehe auf sich genommen hat.“ Und im Hinblick auf die heftigen Auseinandersetzungen um die Aufhebung des Zölibats in der lateinischen Kirche, bemerkte der Patriarch lapidar: „Das Priestertum ist eher eine Funktion als ein Lebensstand. Es ist nicht an die persönliche Vollkommenheit gebunden, wie der Zölibat an Gott, sondern an den Nutzen der Kirche. Der Zölibat kann verschwinden, wenn es der Nutzen des kirchlichen Amtes erfordert. ……Im Bedarfsfall muss nicht das Priestertum dem Zölibat, sondern der Zölibat dem Priestertum geopfert werden.“
Seit den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ist es auch Praxis, dass ein evangelischer Pfarrer, der zum katholischen Glauben konvertiert, mit päpstlicher Erlaubnis zum katholischen Priester geweiht werden darf – selbstverständlich unter Beibehaltung seiner bestehenden Ehe. Ähnliches gilt auch bei der Konversion anglikanischer Pfarrer zum Katholizismus.

3.     Statement
Ungeklärt bleibt (auch wissenschaftlich) derzeit die Frage, ob der Zölibat für den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch zölibatär lebende Priester und Diakone ein Risikofaktor darstellt oder nicht. Wenn das der Fall sein sollte, gehörte der Zölibat schnellstens abgeschafft. Doch damit wäre das Problem des sexuellen Missbrauchs sicherlich nicht erledigt. Aber entschärft würde es meiner Ansicht weiter dadurch, wenn Frauen voll ins Amt integriert würden. Aber das ist ein Riesenthema für sich.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und bitte Sie inständig: Interessieren Sie sich für diese Themen, reden Sie mit und helfen Sie der Kirche in eine menschliche Zukunft!

Amen.

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