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Geschrieben von: Weber, 13 Mai 2006, 16:51
Das Frauenbild in Gesellschaft und Kirche (Muttertag)

Am Muttertag wird die Frau als Mutter geehrt. Jeder Mensch hat eine Mutter, sonst wäre er bzw. sie nicht da. Würde sich die Frau nicht mehr dazu entschließen, Mutter zu werden, dann wäre die Menschheit am Ende. Ist also das Mutter-sein die Hauptaufgabe der Frau?

Das war lange Zeit das Frauenbild in der Gesellschaft. Geschichte machten die Männer, die Frauen waren auf ihre Mutterrolle verwiesen und auf den Haushalt, der ja für das Aufziehen von Kindern unerlässlich war.

Wie sieht das in der Kirche aus?
Die Kirche hat genau dieses Frauenbild bis heute beibehalten. Kein Wunder: Kirche ist Teil der Gesellschaft – vielleicht etwas konservativer und weniger wandlungsbereit als die Gesellschaft.

Die Frau hat in der Kirche zwei Möglichkeiten, Anerkennung zu finden:

1.     als Mutter. Prominentestes Beispiel ist da Maria, die aufgrund ihrer Gottesmutterschaft überragendes Ansehen genießt. Auch das Verständnis des Ehesakramentes fordert die Mutterrolle der Frau unbedingt ein. Denn ohne grundsätzliche Bereitschaft zum Kind kommt keine gültige Ehe zustande.

2.     findet die Frau in der Kirche Anerkennung als gottgeweihte ehelose Nonne.

Die Geschicke der Kirche werden von Männern gelenkt. Da haben die Frauen keinen Zutritt.

Nun hat sich das Frauenbild in der Gesellschaft in den letzten Jahren schon gewandelt. Dafür hat die Emanzipationsbewegung der Frauen gesorgt.  Kennzeichen dieser Bewegung waren die Einforderung gleicher Bildungschancen und gleicher Berufschancen, wie sie den Männern zugestanden werden. So wurden nach und nach auch den Frauen Berufe zugänglich, die bisher reine Männerdomänen waren, z.B. bei Polizei und Armee. Frauen wollen - wie die Männer - das Recht auf Selbstverwirklichung haben. Das bringt sie jedoch oft in einen Rollenkonflikt, und zwar in den Konflikt zwischen Mutterrolle einerseits und Rolle der emanzipierten Karrierefrau, die auf Kinder verzichtet, andererseits. Sie sehen: die neue Rolle der Frau in der Gesellschaft ist noch keineswegs definiert; denn plötzlich bemerkt man, dass wir ein rasant sterbendes Volk sind. Und ohne Kinder geht´s ja wohl nicht. Doch lässt sich das Rad der Geschichte auch nicht einfach zurückdrehen.

Fragen wir nun: Hat sich das Frauenbild auch in der Kirche gewandelt?
Selbstverständlich! Denn Kirche ist ja Teil der Gesellschaft. Auch in der Kirche drängen die Frauen auf gleiche Berufschancen. Sie wollen ins Diakonat, sie wollen Priester werden, sie wollen auch in der Kirche Leitungsfunktionen übernehmen.

Die Abwehrargumente werden immer brüchiger; so etwa das Traditionsargument, Jesus habe nur Männer zu Aposteln berufen. Jede Generation hat die Kirche auf ihre Zeit umzurüsten! Und da ist in den letzten Jahrzehnten viel versäumt worden. Die Frau im Priesteramt – warum sollte sie nicht auch Mutter sein können?  Und auch umgekehrt  gilt: das Mutter-sein der Frau würde sie nie für den priesterlichen Dienst disqualifizieren. Wenn man grundsätzlich das Priesteramt für die Frau öffnen würde (wie die Gesellschaft es mit ihren Männerdomänen vorgemacht hat), dann müssten die Probleme der praktischen Vereinbarkeit von Beruf und Aufziehen der Kinder auch von der Kirche gelöst werden. Und sie könnte da sogar ihr eigenes Modell entwickeln, das vielleicht beispielhaft für andere sein könnte. Oder sie könnte gewissermaßen in einer großen Koalition mit den anderen gesellschaftlichen Gruppierungen ihren Beitrag leisten zu einem neuen Verständnis der Frau, die als Mutter eben nicht verzichten muss auf ihren Beruf, der ihr auch gesellschaftlich Anerkennung bringt. Nur eines wäre schlecht: wenn sich die Kirche völlig einem neuen Denken und Nachdenken verweigern würde. Aber ich bin da sehr zuversichtlich, dass sich der heilige Geist etwas einfallen lassen wird.  
Geschrieben von: lehmundstroh, 14 Mai 2006, 13:45; Antwort: 1
Eine derartige Wandlung des Frauenbildes und grundsätzliche Neubewertung der Position der Frau in der Katholischen Kirche hätte, wie ich meine fast zwangsläufig, riesige Veränderungen in der Kirche zur Folge. Vom Ende des Patriarchats, über die gänzlich neue Bewertung von Lust und Sexualität, die Erweiterung der kath. Sicht auf Familie und Gesellschaft bis hin zur Aufhebung des Zölibats und neuen Ansätzen der Ökumene.

Das wäre revolutionär.

Das Wort "Die Mühlen der Kirche mahlen im Rhythmus der Ewigkeit" hat vor einigen Jahrzehnten mal ein Jesuitenpater geprägt. Das ist mir im Gedächtnis geblieben. Und ich möchte ergänzen: machmal kommt hinzu, dass die Leitung der Kirche sie rückwärts drehen lässt...
Bitte nicht falsch verstehen: ich bin hier nicht mutlos. Keineswegs. Seit Jahren kann an einzelnen Stellen beobachtet werden, dass das Kirchenvolk sich nicht mehr allein darauf verlässt, dass die Mühlenräder schon in die richtige Richtung drehen werden. Es gibt immer wieder Menschen, die vor Ort, sozusagen am Mühlstein selbst, dafür sorgen, dass vorwärts gedreht wird. Die sich auch durch noch soviel Rumreiterei auf der Geschichte mit der Rippe nicht von der ersten Schöpfungsgeschichte abbringen lassen, in der es heißt: "Lasst uns Menschen machen...Als Mann und Frau erschuf er sie". Nix mit Unterordnung, beide gleichermaßen Ebenbild Gottes, gleichberechtigt und vollkommen gleichwertig. Das ist ein Urfundament unseres christlichen Glaubens.

Insofern: keine Mutlosigkeit. Aber das Bewusstsein, dass all unser Tun zeitbehaftet ist. Insbesondere das Tun in der Kirche.
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