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Geschrieben von: Weber, 27 November 2007, 21:48
Christus, der alternative König

Liebe Christen!

Vielen Menschen – auch gläubigen – mag es als veraltet erscheinen, wenn wir heute in unserer demokratischen und globalisierten Welt immer noch Christus als König feiern. Königliche Monarchien sind Geschichte, und die verbliebenen Königinnen und Könige sind nur noch Symbolgestalten. Dennoch werden sie vom Volk geliebt und geehrt -  diese Edelmenschen. Es interessiert, was bei Ho-fe geschieht. Man möchte die Liebesgeschichten der Edlen kennen lernen und natürlich auch deren Liebesleid. Solche Geschichten bringen überdies dem Fern-sehen Quote und der Regenbogenpresse eine große Auflage. Aber politische Gestaltung geht heute nicht mehr von Hofe aus. Ob sich Jesus, der Christkönig, in dieser Gesellschaft wohl fühlt? Ich kann es mir nur schwer vorstellen. Viel-leicht ist in diesem Fest auch ein Rest Nostalgie lebendig; denn höfisches Getue ist bei vielen Stellvertretern Christi bis heute durchaus üblich und beliebt.

Dennoch: Will man diesem Fest einen Sinn abgewinnen, dann kann man den Christus König nur als alternativen König verstehen, also eben nicht als König im eigentlichen Sinne. Die Alternative zur Herrschaft des weltlichen Königs ist dann bei Christus die Dienstbereitschaft, die Alternative zum Erdenreich das Himmelreich und die Alternative zum reichen, wohlhabenden König der Mann der Schmerzen. Entsprechend sieht es mit den Insignien, den äußeren Zeichen der Macht des Königs aus. Die goldene Krone wird zur Dornenkrone, das Zepter zum einfachen Stock und die Verehrung zur Verhöhnung. Man muss also in Je-sus den großen Alternativen sehen – was uns ja nicht schwer fällt. Gibt es doch heute zu allem Großen auch die alternative Version: zum Nobelpreis den alter-nativen Nobelpreis, zum Medienpreis den alternativen Medienpreis, es gibt so-gar den alternativen Karneval.

Tatsächlich ist das die große Alternativbotschaft der Bibel: „Der Größte von euch soll euer Diener sein. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden“ (Mt 23,11f.). Ein Wort ist das gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer; also nicht gegen die weltlichen Herrscher und Könige, sondern gegen die Möchte-gern-Großen in den eigenen Reihen. Es gibt im religiösen Innenbereich also immer auch die Versuchung, der Größte, der Erste, der Wichtigste, der Mächtigste, der Geehrteste sein zu wollen. Versu-chung nenne ich das, weil es so menschlich ist, so natürlich, dem normalen Be-dürfnis entsprechend. Wer der Versuchung nachgibt, handelt durchaus mensch-lich, noch keineswegs unmenschlich; wer der Versuchung widersteht, der han-delt christlich. Jesus hat der Versuchung der Macht widerstanden und damit neue Maßstäbe gesetzt. Im Johannesevangelium gibt es die schöne Szene nach der wunderbaren Brotvermehrung, dass die Menge in ihm den kommenden Pro-feten sieht. Und dann heißt es weiter: „Da erkannte Jesus, dass sie kommen würden, um ihn in ihre Gewalt zu bringen und ihn zum König zu machen. Daher zog er sich wieder auf den Berg zurück, er allein“ (Jo 6,15).

Das Christkönigsfest mag zur Zeit der Entstehung ein legitimer Ausdruck der religiösen Gefühle und Bedürfnisse damals gewesen sein. Heute ist es das eher nicht mehr. Aber Kirche tut sich schwer beim Reinemachen (wäre ja von Zeit zu Zeit mal nötig), wenn es darum geht, Feste, auch Dogmen oder religiöse Vor-stellungen, sogar moralische Grundsätze zu entsorgen, wenn sie nicht mehr ge-braucht werden oder überholt sind. Und so schleppen wir alle liturgischen Son-derheiten, dogmatischen Spitzfindigkeiten und moralischen Gestrigkeiten mit in die Zukunft – bis zur nächsten oder übernächsten oder…. Reform.

Amen.
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