Themen - Weihnachten

Weihnachten

  • Krippengang durch die Kölner Altstadt
  • Schenken Sie noch?
  • Was bedeutet Weihnachten für mich?

  • Krippengang durch die Kölner Altstadt Peter Josef Dickers

    Kleine und große Leute fragen mich jetzt schon. "Gehen wir wieder Krippen gucken?" Natürlich werden wir das. Seit Jahren schon fahre ich in der Weihnachtszeit nach Köln. Zum Bummeln, zu den Weihnachtsmärkten - vor allem aber zu den Krippen.

    Überall stehen sie. In den Kirchen natürlich. Auf den Weihnachtsmärkten. Aber auch im Hauptbahnhof, in Schaufenstern, in Türeingängen. Romantisch oder abstrakt, liebevoll dekoriert oder in die Gegenwart versetzt.

    Im vergangenen Jahr waren wir u.a. in der Kölner Kirche "Maria Lyskirchen". Hier wird in der Krippe lebendig, wie die Menschen dieses Stadtbezirks gelebt und was sie erlebt haben. Ein 1996 verstorbener Pfarrer dieser Gemeinde gab die Initiative zu einer ziemlich ungewöhnlichen Krippe. Sie verkörpert das Milieu (kölsches "Miljöh") der Gemeinde St. Maria Lyskirchen in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Inzwischen kommen neue Figuren dazu. Viele Not leidende Menschen gab es hier im Hafenviertel am Rhein. Ihre Not und manche Erfahrungen der Menschen - auch die von heute - wurden in die Figuren der Krippe hinein projiziert.

    Die Kinder fragten nach der Frau in dem schwarzen Gewand - eine franziskanische Ordensfrau - die ein Mädchen an der Hand hält. Es ist leicht zu erkennen, dass dieses Kind nicht gerade fröhlich, eher verwahrlost aussieht. Die Franziskanerinnen betreuten damals sozial Schwache und unterhielten einen Kindergarten. Uns wurde bewusst, dass auch das Kind in der Krippe eine Art "Sozialfall" war. War Josef auch arbeitslos wie mein Vater? Der betroffene Vater stand vor der Krippe und schwieg.

    Je näher wir hin schauten, desto mehr sahen wir. Auch die Frau mit dem Matrosen fiel auf. War das seine Freundin? Die Frage beantwortete ich mit einem vorsichtigen Ja. Freundin für eine Stunde vielleicht. Die Familien- und Partnergeschichten von damals unterschieden sich nicht viel von den heutigen.

    Lange haben wir in Maria Lyskirchen "Krippe geguckt" . Die Figuren führten von der Vergangenheit in die Gegenwart. Krippe ist heute. Das Weihnachtsgeschehen von damals ist heute.

    Ich bin gespannt auf den kommenden Krippengang.

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    Schenken Sie noch? Oder nicht mehr "alle Jahre wieder"? Peter Josef Dickers

    Für mich sind Nikolaus und Weihnachten immer noch so etwas wie Höhepunkte im Jahresablauf. Nach wie vor geht vor allem vom Weihnachtsfest ein besonderer Zauber für mich aus. In meinen Kindheitserinnerungen spielen Geschenke und wunderbare Weihnachtsüberraschungen eine große Rolle, natürlich auch die erlebten Enttäuschungen. Im Großen und Ganzen ist das bis heute noch der Fall.

    Natürlich bin ich in dieser Zeit im Stress. Diverse Vorbereitungen stehen an. Ich muss mich kümmern um rechtzeitiges Besorgen, Verpacken, Versenden von Geschenken an Verwandte, Freunde und Bekannte. Viele erwarten von mir irgendein Präsent oder wenigstens einen Weihnachtsgruß.

    Die Kritik an einem Fest mit Gabentausch ist mir bekannt. Ich weiß und sehe auch, dass das Schenken überhand nimmt, nicht nur zu Weihnachten. Auch die Erwartungen hinsichtlich des Geschenks werden immer größer. Wenn auch noch jeder ein individuelles Geschenk erhalten soll, dann macht das die Sache besonders anstrengend. Was soll ich einem schenken, der schon alles hat?

    Also vereinbaren, auf Geschenke zu verzichten? Aus meinem Freundeskreis weiß ich, dass solche Abmachungen nicht alle einhalten. Das wiederum ruft Schwierigkeiten hervor bei denen, die dann doch beschenkt wurden. Sie haben kein Geschenk besorgt, weil sie auf die getroffene Vereinbarung vertrauten haben.

    Wenn schon schenken, dann einfach einen Gutschein unter den Tannenbaum legen? Soll der Andere selbst entscheiden, was er geschenkt haben will! Meine bescheidene Frage: kann ich mich selbst beschenken?

    Soll ich Geld schenken? Bekannt sind die vornehmen Empfehlungen eines Brautpaares an die Hochzeitsgesellschaft: "Wer sich fragt, was soll ich kaufen, muss sich nicht die Haare raufen. Lasst Teller, Tassen, Töpfe sein und steckt was ins Kuvert uns rein."

    Mir passt das nicht. Ich kann von einer älteren Dame erzählen, die jährlich zum Weihnachtsfest ihren erwachsenen Kindern mit der Post einen Barscheck zustellte. Der Scheck wurde eingelöst. Von den Kindern sah und hörte sie nichts. Sie hat das Verfahren inzwischen umgestellt. Wer den Scheck haben will, muss ihn bei ihr abholen. Jetzt tauchen die Lieben schon im November auf.

    Ich schenke weiter. Ich freue mich auch auf Geschenke. Ich übe mich in der Kunst des Gebens und des Nehmens.

    Schenkt außer mir noch jemand?

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    Was bedeutet Weihnachten für mich? Peter Sardy

    Gott schenkt uns ein Kind. - Ein Kind ist ein einmaliges Geschenk, denn seine Anlagen und seine Möglichkeiten sind unwiederholbar. Es ist ein Versprechen und eine Hoffnung. Unser erwachsener und ernüchterter Verstand sieht dieses beginnende Leben zwar durch Erbanlagen und Umwelt festgelegt, zu einem tragischen oder banalen Schicksal bestimmt - Gott aber sieht in ihm das Einmalige. Dieser kleine Mensch kann und soll für seine Umgebung und durch sie für die ganze Welt eine Bereicherung sein. Wir sind ja leider daran gewöhnt, dass in unserem Leben manche Hoffnungen nicht eingelöst worden sind und vielleicht auch nicht mehr eingelöst werden. Dies ändert aber nichts daran, dass das reiche LEBEN (einer der tausend Namen Gottes!) jedem von uns unübersehbare Möglichkeiten bietet. Nur unser ängstliches, kleines Ich, das so sehr um sich, um eigenen Gewinn und Sicherheit besorgt ist, hindert uns, diese Möglichkeiten auch nur wahrzunehmen. In Wirklichkeit aber wartet das Glück, und zwar in der Überschreitung der Grenzen dieses kleinen Ichs, hin zum Du - und auch über jedes menschliche Du hinaus zum großen DU Gottes. Aber woher können wir das wissen? Auf diese Frage antwortet Weihnachten: "Ein Kind ist uns geboren". Dieses Kind ist unter den vielen Geschenken Gottes das größte! Dieses Kind war dazu berufen, unsere pessimistische Weltsicht mit seinem Leben zu überwinden. - Nach außen war er nicht mit dem "großen Glück" gesegnet, das wir uns vielleicht gern wünschen, denn wir wünschen uns vor allem, im Reichtum zu leben und auch zu den Schätzen der Kultur Zugang zu haben, Jesus ist aber als Kind armer Eltern und weit weg von den Zentren des kulturellen Lebens zur Welt gekommen. War er ein glücklicher Mensch? Oder war er sogar der glücklichste Mensch aller Zeiten? Haben wir überhaupt einen Maßstab dafür?

    Jesus wusste sich seit seiner Taufe als einen "Sohn Gottes" . Wenn wir ahnen, was das bedeutet, ahnen wir auch, dass ihm alles bedeutungslos war, was Menschen unglücklich machen kann! Er erlebte sich bei seiner Taufe als "Sohn" , vereint mit seinem VATER, damit auch vereint mit der ganzen Schöpfung dieses Gottes. Das Erlebnis dieser grenzenlosen EINHEIT hat ihm auch grenzenlose Liebe und grenzenloses Glück gebracht. Alles, was die Menschen von Gott trennt und Ursache ihres Unglücks ist, musste er darin wohl auch schmerzhaft miterleben, - aber das fiel nicht ins Gewicht neben seinem Glück, von Gott als "Sohn" angesprochen zu sein. Und er sah sich dabei nicht allein, sondern als den Ersten unter vielen möglichen Söhnen und Töchtern des gleichen "Vaters im Himmel" (vgl. Mt 5,45).

    Wird der "Sohn Gottes" in unserem Herzen geboren? - Was nützte uns das größte Geschenk Gottes, wenn es bei uns nicht ankommen würde? Der Kern unseres christlichen Glaubens ist nun, dass "alle, die sich vom Geist Gottes leiten lassen, Söhne Gottes sind" (Röm 8,14f). Dies ist nicht irgendein weltfremder Spruch, sondern eine Erfahrungstatsache. Es lohnt sich, auf die Menschen zu hören, die es erfahren haben. Mittelalterliche Mystiker haben es "die Geburt Christi in unserem Herzen" genannt. Für Paulus war es ein Geschenk des Geistes, der in uns ruft: "Lieber Vater!". Für alle war es das größte Wunder, das ein Mensch erleben kann - ein völlig neues Leben, eine neue Geburt.

    Aber wie erreicht uns dieses Geschenk? - Eines ist klar: Es läßt sich weder kaufen noch mit ganz bestimmten Übungen herbeiführen. Jesus hat uns aber versichert, dass es erreichbar ist: "Bittet, dann wird euch gegeben; sucht, dann werdet ihr finden; klopft an, dann wird euch geöffnet!" (Mt 7,7). Dies ist kein billiges Rezept und keine Vertröstung. Es verlangt von uns aber einen Einsatz. Was es konkret bedeutet, sich "vom Geist Gottes leiten zu lassen" , konnte Jesus deshalb nicht genauer umschreiben, weil die konkreten Aufgaben je nach Person und Lebenssituation verschieden sind. Nur Eines stand für ihn fest: dieser Einsatz muss von einem Vertrauen begleitet sein, das Berge von Hindernissen aus dem Weg räumen kann! Es soll so groß sein, dass wir damit den unbegreiflichen Gott unseres Lebens festhalten, wie Jakob, der mit dem Engel um sein Glück kämpfend sagte: "Ich lasse dich nicht los, wenn du mich nicht segnest!" (Gen 32,27). Das ist der Weg zur "Geburt des Sohnes" in unserem Herzen. Wir haben die Möglichkeit dazu - mit weniger sollten wir uns auch nicht zufrieden geben!

    Wenn der "Sohn" in uns geboren ist, bleibt Gott für uns zwar immer noch unsichtbar und wir bleiben auch den bekannten Bedrohungen des Lebens ausgesetzt. Aber wir werden keine Angst mehr haben, denn für uns ist der Vater nicht mehr im Himmel, also nicht mehr der ferne Unbekannte, sondern er ist uns Alles, und wir sind nicht von ihm getrennt, sondern bei ihm geborgen, von ihm geliebt und angenommen. Damit sind wir selber Sohn oder Tochter Gottes. Mit einem Schlag hat sich die Welt für uns verändert, denn wir sind innerlich ganz frei geworden! Der Käfig des kleinen menschlichen Ichs ist geöffnet, die Liebe hat jede Angst vor Gefährdungen vergessen gemacht. Der Mensch, vom ewigen DU angenommen, kann sich jetzt jedem Du öffnen und damit seine Grenzen überschreiten (sich "transzendieren"), um in der Einheit der Liebe glücklich zu sein.

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    Advent und das Warten Wilhelm Weber

    Der Advent ist in diesem Jahr so lang wie selten: volle vier Wochen, und heute ist Halbzeit. Advent ist die Zeit des Wartens. Als ich Kind war, habe ich mich immer auf das Ende dieser Wartezeit gefreut. Denn dann kommt Weihnachten, das Fest mit den vielen Geschenken für uns Kinder. Ich erinnere mich noch sehr genau, wie ich als Kind im Kindergartenalter eines Tages die Zeit des Abwartens auf meine Weise verkürzt habe. Ich legte mich auf den Bauch vor die verschlossene Wohnzimmertür. Die Unterkante der Tür schloss nicht blickdicht mit den welligen Holzdielen des Wohnzimmerbodens, sondern gab durch einen winzigen Spalt den Blick auf den Wohnzimmerboden frei. Und da stand er: der kleine rot angestrichene Zug aus Holz, mein großer Wunsch vom weihnachtlichen Wunschzettel. Mit überschwänglicher Freude stürmte ich zu meinen Eltern und erzählte, was ich entdeckt hatte. Aber leider teilten die meine Freude nicht. Sie schauten sich gegenseitig an und mussten sich eingestehen, dass da etwas falsch gelaufen war. - Solche Erlebnisse vergisst man nie.
    Ob wir nun Kind sind oder erwachsen oder schon alt, wir alle kennen das Warten. Kinder können es manchmal nicht abwarten, bis Erwachsene ihre leichtfertig gegebenen Versprechen endlich einlösen; junge Frauen warten oft monate- oder jahrelang auf den ersehnten Heiratsantrag ihres Freundes; der Examenskandidat wartet mit Ungeduld auf den Bescheid, dass er sein Examen bestanden hat; und Oma wartet und wartet, dass endlich einer kommt und sich um sie kümmert. So warten wir eigentlich das ganze Leben lang immer auf irgendetwas: dass es eintreten möge oder eben nicht, dass irgendetwas gelinge oder dass irgendein glücklicher Zufall das Leben endlich in neue Bahnen bringe. Das Warten kommt an kein Ende.
    In der Kirche gibt es im Ablauf des Jahres eigentlich zwei bewusste Wartezeiten: den Advent als Warten auf Weihnachten und die Fastenzeit als Warten auf Ostern. Es sieht so aus, als würden diese Wartezeiten Punkt um nach Ablauf einer bestimmten Anzahl von Tagen vorbei sein. Man braucht das Warten nur auszuhalten und dann ist das Erwartete plötzlich da mit allen Überraschungen, die so ein Fest bietet: von der Kulinarik angefangen über die Mode, die zur neuen Jahreszeit gehört bis hin zur Jubelliturgie in der Kirche, die alle Traurigkeit übertönt und wegschwemmt.
    Doch so leicht und oberflächlich ist das mit dem Warten nicht. Wie viele Hoffnungen und Erwartungen gibt es bei den Menschen, die sich nie erfüllen? - ein ganzes Leben lang nicht. Die Festtagsfreude ist manchmal eine nur gespielte und keineswegs immer eine reale; man freut sich eben, weil das so erwartet wird und macht einfach eine gute Miene zum bösen Spiel - auch wenn es einem innerlich gar nicht zum Lachen oder Freuen zumute ist. Die Unerfüllbarkeit unserer zutiefst eingepflanzten Sehnsucht nach Glück, Geborgenheit und Lebensfülle wird uns in solchen Augenblicken bewusst. Es gibt nicht den Himmel auf Erden. Der Himmel bleibt eine Verheißung für die Ewigkeit. Und genau das haben die frühen Christen erfahren nach dem Tod Jesu, der ihnen als Freund und Bruder zur Seite gestanden hatte. Als Jesus weg war, fühlten sich die Jünger verwaist. Sie glaubten an die Wiederkunft Christi, und zwar in unmittelbarer Zukunft, aber diese Wiederkunft blieb aus - bis heute. Und so warten wir weiter - über die Jahre weg, über jede neue Advents- und Fastenzeit hinweg, bis der Tod uns jener Vollendung zuführt, die Gott selber ist. Erst damit kommt unser Warten ans Ziel.
    Es gibt Menschen, die kennen das Warten sehr wohl, aber sie haben den Glauben an etwas, das nach dem Tod kommen könnte, längst aufgegeben. Sie begnügen sich mit den gesellschaftlich akzeptierten Wartezeiten, an deren Ende meist ein Fest, eine Prämie, ein Bonus oder sonst ein Kick steht (und wenn es nur ein Feuerwerk ist). Religion spielt da dann keine Rolle mehr. Religion hat nämlich grundsätzlich etwas über jene Zukunft zu sagen, die den Tod überschreitet ("transzendiert"). Religion ist wie das Gedächtnis der Menschheit. Und diesem Gedächtnis mit Nicht-Achtung zu begegnen oder es einfach zu leugnen, ist, als würde man einen blinden Fleck als Segen bezeichnen. - Ich könnte das nicht.
    Und was sagt unsere Religion über das Ende des Lebens, über unser Lebensziel und über das, was uns am Ende erwartet? Am Ende steht Gott, der uns erwartet. In ihm kommt all unser Sehnen, Hoffen, Lieben, Warten und Erwarten an ein Ende - wie Augustinus sagt: "Unruhig ist unser Herz, bis es ruhet in dir." Möge uns diese Unruhe nach Gott erhalten bleiben.

    Amen

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    Das Rettungsboot und die Krippe (Weihnachtspredigt 2016) Wilhelm Weber

    Liebe Christen!

    In den vergangenen zwei Jahren sind bekanntlich viele Flüchtlinge in unser Land gekommen. Hunderttausende kamen in überfüllten und kaum seetauglichen Booten über das Mittelmeer Richtung Europa. In den Medien konnte man fast täglich lesen von gekenterten Booten und ertrunkenen Menschen. Man nennt die Zahl 3800 allein für dieses Jahr. Das Boot, das eigentlich ein Symbol für Rettung und Hoffnung ist, wurde zugleich auch zum Mahnmal für den Untergang. Ein solches Boot diente am Fronleichnamsfest dieses Jahres dem Kölner Kardinal Rainer Maria Wölki auf der Domplatte als Altar bei einem Gottesdienst unter freiem Himmel. Später wurde das symbolträchtige Boot im Kölner Dom ausgestellt. Zu Weihnachten - so berichtete der Kölner Stadtanzeiger - wird dieses Boot in St. Maria in Lyskirchen im Kölner Hafengebiet die Krippe aufnehmen. Das Besondere an dieser Krippe ist, dass sie eine Milieukrippe ist mit Figuren aus dem kölschen Milieu vornehmlich des 19. Jahrhunderts. In diesem Jahr soll mit dem Boot an der Krippe auch an die menschliche Tragödie, die sich derzeit im Mittelmeer abspielt, erinnert werden. Es wird sich lohnen bei einem Köln-Besuch in der Weihnachtszeit sich diese Krippe anzuschauen. Sie ist wie eine Übersetzung der Weihnachtsbotschaft in unsere heutige Zeit. Die Botschaft lautet auf einen kurzen Nenner gebracht: Gott wird Mensch für alle, weil er alle Menschen liebt.
    Wenn man das Boot sieht, stellt sich einem die Frage: Wer steigt in so ein Boot? Es sind Menschen, die sich in Sicherheit bringen wollen. Die Einen sind politisch Verfolgte, andere haben Angst, im Bürgerkrieg getötet zu werden, wieder andere haben einfach Hunger und entbehren das Lebensnotwendigste. Vor allem junge Leute wissen, dass es in anderen Ländern dieser Erde mehr Lebenschancen gibt. Und so machen sie sich einfach auf den Weg. Sie überlegen nicht lange, ob sie asylberechtigt sind oder nicht, sie brechen einfach auf und haben die Hoffnung oder auch Illusion, dass alles gut geht. Sie wollen leben, mehr nicht. - In der Menschheitsgeschichte hat es immer wieder solche Fluchtbewegungen gegeben. Die Geschichtsbücher nennen das Völkerwanderungen und erwähnen dabei selten die hintergründige Not und Motivation. Auch das Volk Israel hat nach der Schilderung des Alten Testaments des öfteren solche Vertreibungen und Wanderungen erlebt - immer in der Hoffnung, irgendwann das gelobte Land zu erreichen. Und Gott selbst hat sie auf diesen Wegen begleitet, beschützt und gestärkt. In dieser Perspektive muss man wohl auch die Menschwerdung Gottes in der Person Jesu sehen. Sie ist ein Akt des Entgegenkommens gegenüber den Menschen, die aufbrechen, um ihr Heil zu suchen. Denn das Verlangen nach einer besseren Welt bricht sich immer wieder neue Bahnen. Ein Jeder ist davon überzeugt, dass die Güter dieser Erde allen Menschen gehören. Und das ist ja wohl auch richtig so. Natürlich hat es damals wie heute Probleme gegeben sowohl auf Seiten der Flüchtenden und Zuflucht Suchenden als auch auf Seiten derer, die um Gastfreundschaft oder Hilfe gebeten werden. Reibungslos geht so etwas nicht vor sich.
    Ich darf noch einmal an das Boot erinnern, von dem ich anfangs sprach und das an der Krippe in Köln in St. Marien in Lyskirchen seinen Platz gefunden hat. Das erinnert mich an das alte Weihnachtslied "Es kommt ein Schiff geladen….". Der Text spricht von dem großen Geschenk Gottes, dem menschgewordenen Sohn, der mit diesem Schiff unter uns ankommt. "Das Segel ist die Liebe, der Heilge Geist der Mast". In dieses Schiff sind auch wir - bildlich gesprochen - mit der Taufe eingestiegen. Und nun klammern sich noch so viele andere Menschen (Fremde) an dieses Boot und wollen mit uns in eine bessere Welt segeln. Und plötzlich werden wir über alle Religionsgrenzen hinweg zu Reise- und Lebensgefährten. Das ist eigentlich eine großartige Sache. - Wenn wir doch nur nicht so kleinkariert an unseren eigenen Kram denken würden. Mit uns im Boot sitzt Jesus, und der große Gott gibt diesem Boot Geleit. Was kann uns da eigentlich noch passieren?
    Feiern Sie mit viel Zuversicht Weihnachten und gehen Sie mit viel Hoffnung ins neue Jahr!

    Ich wünsche Ihnen von Herzen frohe Festtage.

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    Das menschliche Antlitz Gottes Wilhelm Weber

    Liebe Christen!

    Das Weihnachtsfest ist unter den Festen des Kirchenjahres das beliebteste. Die Geburt eines Kindes ist immer ein großes Ereignis, das viel Freude bereitet. Und Hoffnungen werden damit verbunden, dass aus diesem Kind mal etwas wird. Zum diesjährigen Geburtstag Jesu möchte ich Ihnen zwei Gedanken mit auf den Weg geben in der Hoffnung, dass sie Ihnen gut tun.

    Wer ist Jesus?
    Jesus ist in diese Welt hineingeboren worden, und die Leute werden auch bei ihm gefragt haben: Was wird aus diesem Kind mal werden? - Wie jeder andere Menschen hat auch Jesus seine Lebensgeschichte. Keiner wird als fertig geprägter und ausgebildeter Mensch geboren, der sich künftig nicht mehr ändern könnte. Ein neugeborenes Kind hat noch alles vor sich: die ganze Geschichte seines Werdens und Wachsens, seiner Bildung und Ausbildung, seiner Berufung und seines Berufes. - Und so wird es auch wohl bei Jesus gewesen sein. Er hat sich ganz und gar den Bedingungen und Risiken menschlicher Entwicklungen unterworfen. Und erst gegen Ende seines Lebens wird seine eigentliche Berufung erkennbar. Er predigt Liebe statt Hass, Feindesliebe statt Vergeltung; er heilt Kranke und schenkt den Armen besondere Aufmerksamkeit; er kümmert sich um jedwede Mühselige und Beladene; er begegnet der Gewalt seiner Peiniger mit Gewaltlosigkeit und vergibt denen, die ihn quälen. Was für eine Bedeutung dieser Mensch für seine Zeitgenossen hatte und für alle, die ihm im Laufe der Zeit nachgefolgt sind, wird eigentlich erst nach Ostern in vollem Umfang deutlich. Er ist das menschliche Antlitz Gottes. In ihm spiegelt sich das Wesen des unsichtbaren Gottes: Menschenfreundlichkeit und Güte. Deshalb hat man Jesus auch den Namen "Sohn Gottes" gegeben. - Solche Persönlichkeiten, die Gott in dieser Welt transparent machen, gibt es nur selten. Sie sind selbst in der Kirche eine Ausnahme.

    Franziskus, der Reformer.
    Und nun möchte ich Ihre Aufmerksamkeit richten auf Franziskus, unseren neuen Papst. Er hat sich ein großes Ziel gesetzt. Er möchte, dass die Kirche, die sich in einem unglaublichen Reformstau befindet, ebenfalls wieder das menschliche Antlitz Gottes zum Leuchten bringt. Seit Franziskus im Amt ist, ist die Kirche wieder positiv in den Schlagzeilen. Die Menschen horchen auf, gerade auch die, die der Kirche den Rücken gekehrt haben. Franziskus hat in dem ¾ Jahr seiner Amtszeit unendlich viele Dinge angestoßen. Es begann mit der demonstrativen Bescheidenheit in seiner persönlichen Lebensführung, dann folgte die Option für die Armen ("eine arme Kirche für die Armen"). Schon bald wurden jene zum Thema, die die Kirche bisher durch ihre Moralgesetze ausgrenzt: Geschiedene, die wieder heiraten, und Homosexuelle. Im Oktober nächsten Jahres soll eine Sondersynode der Bischöfe über Familie und Sexualität stattfinden. Ohne große Ankündigung verschickte Franziskus Fragebogen zur besagten Thematik über die Bischöfe an die Gemeinden, damit diese zur Vorbereitung der Synode über die Akzeptanz oder Nicht-Akzeptanz der kirchlichen Ehemoral sich äußern sollten. Franziskus will wissen, was die Menschen denken und wo der Schuh drückt. Der Papst hat viele Themen angestoßen. Er ist ein Suchender und hat wohl selber noch längst nicht auf alle Fragen die richtigen Antworten parat. Er könnte in vielen Dingen durch sein Suchen über sich selbst hinauswachsen. - Seit genau 50 Jahren, also dem Tode Papst Johannes XXIII, sieht es in unserer Kirche wieder nach Aufbruch aus. Die Kirche soll in der Welt und für die Menschen Gottes Güte und Menschenfreundlichkeit ausstrahlen. Das gibt dem Weihnachtsfest 2013 einen ganz besonderen Akzent. In dieser Zuversicht wünsche ich Ihnen und Ihren Angehörigen daheim: frohe Weihnachten!

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    Heute ist euch der Heiland geboren Wilhelm Weber

    Liebe Christen!

    Im Weihnachtsevangelium sagt der Engel des Herrn: "Heute ist euch der Heiland geboren: es ist der Messias, der Herr" (Lk 2,11). Dieses Heute sieht in jedem Jahr anders aus, weil sich die Zeiten ändern. Was ist heute denn anders als noch vor ein paar Jahren?

    Das veränderte Heute

    Vor Jahren war es noch ganz selbstverständlich, dass Weihnachten ein Fest der Kirche war. Da ging man ganz selbstverständlich in die Kirche zum Gottesdienst. Das gehörte sich so. Dieses Bewusstsein ist weithin verloren gegangen. Heute kommen vor allem die Älteren noch, die Jungen bleiben weitgehend weg. Sie glauben vielleicht noch an Gott, aber oft ausdrücklich nicht im kirchlichen Sinn. Die Kirche kommt sich langsam überflüssig vor. Und darum macht sie Strukturreformen: legt Gemeinden zusammen oder löst sie gar auf und treibt so den Zerfall der Gemeinden selber noch voran.

    Eine andere Veränderung: die Politik - auch wenn sie von einer christlichen Partei maßgeblich mitgestaltet wird - formuliert die Wertmaßstäbe schon lange eigenständig ohne Mitwirkung oder Einverständnis der Kirchen. Sonn- und Feiertage sind längst kein Tabu mehr für den Handel, die Stammzellenforschung geht eigene Wege und zu den sozialen Problemen schweigt die Kirche. Sie ist nicht mehr Anwalt der Armen. Im Gegenteil: als Arbeitgeberin verhält sie sich wie alle Arbeitgeber: sparen, entlassen, mehr Arbeitsstunden für weniger Lohn.

    Und auch das ist anders geworden: die geistige Landschaft. Der Atheismus meldet sich zu Wort gleich in mehreren Büchern, die zu Bestsellern geworden sind, und natürlich in Talkshows. Er suggeriert ein schlüssiges Weltbild, in dem Gott überflüssig ist. Dieses Gedankengut wird aufgesogen wie Wasser von einem ausgetrockneten Schwamm; denn das Defizit an Glaube und Spiritualität ist bei den heutigen Menschen unübersehbar. Der Kirche ist es nicht gelungen, den Durst nach Glaube, Hoffnung und Liebe zu stillen. Man spricht zwar von einem neuen religiösen Aufbruch, aber der geht ganz offensichtlich an den Kirchen vorbei. - In diese veränderte Situation verkündigen wir heute die Weihnachtsbotschaft.

    Im Mittelpunkt der Mensch

    Wenn wir heute bekennen "Gott ist Mensch geworden", dann bekennen wir uns zu einem ganz bestimmten Menschenbild. Der Limburger Alt-Bischof Franz Kamphaus hat das mal so formuliert: "Gott steckt in unserer Haut." Natürlich nicht nur in der Haut der Christen, sondern in der Haut eines jeden Menschen. In einer globalisierten Welt, wo die Rassen, die Kulturen, die Religionen aufeinander stoßen, da bekommt der alte Glaube, dass alle Menschen Ebenbild Gottes sind, eine ganz neue Dimension. Und wo Flüchtlinge neben ihrer kulturellen Eigenart auch noch ihre Armut und ihr Leid in unsere Wohlstandsgesellschaft importieren, da wird unser Glaubensbekenntnis automatisch ein Bekenntnis zur Menschlichkeit gegenüber den Fremden werden müssen. Unsere Religion ist von ihrer Lehre her grenzenlos tolerant und menschenfreundlich. Leider ist das in der Praxis der Kirche nicht immer so. Und das schadet ihrer Glaubwürdigkeit.

    Der Atheismus mag die Schwachstellen unserer Theologie aufdecken, er vermag jedoch nicht die Menschen zu mehr Menschlichkeit zu motivieren. Eine Welt ohne Gott ist eine zutiefst egoistische Welt. Sie redet der natürlichen Selektion (Auslese der Besten) das Wort und schert sich nicht um die Verlierer. Weihnachten feiern ist ein Bekenntnis zur Würde jedes Menschen, gerade auch des Verlierers, des Schwachen, des Außenseiters, des Fremden in jeder Hinsicht. - Ein letzter Gedanke:

    Vom Wert des Gottesdienstes

    In jeder Gemeinde wird Gottesdienst gefeiert. Das muss auch in Zukunft so bleiben, selbst wenn es nur wenige Besucher gibt. Denn der Gottesdienst ist die Quelle, aus der wir geistlich leben; muss die Quelle sein, aus der wir unseren Alltag und das Antlitz der Kirche gestalten. Der Gottesdienst ist für das Leben des Christen so etwas wie das Navigationsgerät für den Autofahrer. Ich gebe zu, dass die Software manchmal etwas veraltet ist und nicht auf dem neuesten Stand; m. a. W.: die Verkündigung liegt im Argen und das nicht nur bei den Gemeindepfarrern, sondern bei denen, die die letzte Verantwortung für die Verkündigung tragen. Aber wir wissen auch, dass die Predigt nicht alles ist. Der Lenker der Geschicke unseres Lebens wie der der Kirche ist Gott selber. Er weiß, was er will, er weiß, was er tut. Auf seine Führung dürfen wir vertrauen.

    Noch einmal darf ich die Parallele zum Atheismus unserer Tage ziehen. Er ist eine private Lebensphilosophie und führt keine Menschen zusammen wie die Kirche es tut, er motiviert nicht zur Liebe und kümmert sich nicht um die Verlierer in unserer Gesellschaft. Wenn die Kirche etwas näher am Menschen wäre, wenn sie eine verständlichere Sprache sprechen würde und die nötigen Reformen in Angriff nähme, dann würde sie junge und alte Menschen wieder begeistern. Eigentlich fordert das Weihnachtsfest diese Inkarnation (Menschwerdung) der Kirche ein. Und deshalb geben wir die Hoffnung nicht auf, dass die Kirche Zukunft hat.

    In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und allen Ihren Lieben ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest.

    Amen

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    Vergessene Werte Wilhelm Weber

    Liebe Christen!

    In diesem Jahr ist Weihnachten irgendwie anders. Seit die große Koalition ihr Sparpaket vorgestellt hat, wissen alle, dass das Geld weniger wird. Und viele machen sich Sorgen, ob ihr Einkommen zum Leben und für die Gesundheit in Zukunft noch reicht. Ich spreche das Thema bewusst auf Weihnachten an, weil uns der Blick auf die Krippe so manches in Erinnerung ruft, was in Zeiten großen Wohlstands gern in Vergessenheit gerät. - Drei Gedanken:

    1. Ein Kind braucht nicht zuerst Luxus.

    Viele junge Paare trauen sich heute nicht mehr, Kinder in die Welt zu setzen. Das Argument: unser Kind soll es gut haben, es soll auf nichts verzichten müssen, es soll eine gute Ausbildung bekommen, und das kostet viel Geld. Geld ist aber knapp geworden, und kaum eine Arbeitsstelle ist heute noch sicher. Also wird die Erfüllung des Kinderwunsches aufgeschoben, nicht selten sogar ganz aufgegeben. Ich kann das verstehen.
    Doch der Blick auf die Krippe zeigt, dass es beim Eintritt des Sohnes Gottes in diese Welt nicht die Spur von Luxus gab, nicht einmal eine vor dem Gesetz gültige Familie. Denn Maria und Josef waren nicht verheiratet, und dieser Lebenspartner der Maria war nicht einmal der Vater des Kindes. Aber alle hielten zusammen, und die Hirten, die herbei eilten, brachten Geschenke, ebenso die Könige aus dem Morgenland, die sich für das Kind in der Krippe interessierten. Jesus wurde nach unseren Maßstäben in erbärmlichen Verhältnissen geboren. Dennoch ist aus dem Kind etwas geworden, kein Erfolgsmensch nach der Art eines Bill Gates, aber ein Mensch, dessen Menschlichkeit durch die Schule der Armut gebildet wurde. Ich will die Sorgen junger Menschen heute nicht verharmlosen. Aber ich meine, von der Weihnachtskrippe geht trotzdem ein Hauch der Ermutigung aus, dem neuen Leben auch in ärmeren Zeiten eine Chance zu geben.

    2. Lebensqualität ist Konsum unabhängig.

    Die wirtschaftliche Entwicklung seit dem zweiten Weltkrieg hat dazu geführt, dass es den meisten Menschen bei uns immer besser ging; gemeint ist, dass das Einkommen stetig anstieg. Und so hat sich in unserer Vorstellung festgesetzt, dass die Steigerung der Lebensqualität untrennbar mit der Steigerung des Einkommens verbunden ist. Das aber ist ein Trugschluss.
    Der Blick auf die Krippe zeigt, dass Lebensqualität darin besteht, zu lieben und geliebt zu werden. Wenn Menschen zusammen halten und miteinander teilen, wenn sie verlässliche Partner sind, einander Freude schenken und die persönliche Freiheit achten und fördern, dann hat das Leben eine besondere Qualität. Es bedarf dazu weniger des Geldes als vielmehr der liebenden Herzen.
    Dass Lebensqualität nicht ausschließlich eine Frage des Geldes ist, weiß auch jeder Kranke, insbesondere der Sterbende. Denn Gesundheit ist nicht käuflich, auch nicht für die Reichen. Trotzdem kann das Leben Qualität haben - bis zum Tod; dann nämlich, wenn es Menschen gibt, die den Todkranken umsorgen, pflegen, ermutigen und ihm Nähe schenken. Was sich in Betlehem abspielt, ist für uns eine Schule des Lebens. Deshalb feiern wir - alle Jahre wieder - Weihnachten.
    Ein letzter Gedanke:

    3. Lebenssinn kann man nicht kaufen.

    Als Jesus geboren wurde, stand bei Gott längst fest, was aus diesem Leben werden sollte, also: Jesu Sendung, seine Versuchungen, seine Konflikte, sein Schicksal, selbst sein Scheitern am Kreuz. Für Jesus keine einfache Sache, als schwacher Mensch diese Lebensaufgaben nach und nach zu erkennen, zu akzeptieren und umzusetzen. Oder mit anderen Worten: Gott hat seinem Sohn zugemutet, den Kreuzweg und Kreuzestod als Sinn seines Lebens anzunehmen.
    Warum spreche ich das heute auf Weihnachten an? Weil der Blick auf die Krippe auch uns die Frage stellt, ob wir bereit sind, ähnliche Lebensentwürfe für unser Leben zu akzeptieren. Jesus war kein Wohlstandkind, und sein Leben war nicht geprägt von Luxus und Reichtum, wohl aber von der Liebe zum Vater und zu allen Menschen. Das ist ein Reichtum, der mit Geld nichts zu tun hat und schon gar nicht käuflich ist. Darum noch einmal die Frage: Sind wir bereit, den Sinn unseres Lebens an Jesus festzumachen? Das wäre eine gute Sache; und darum feiern wir heute und jedes Jahr aufs Neue Weihnachten. Vielleicht gelingt es ja dem einen oder anderen.
    In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihren Lieben daheim ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest.

    Amen

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    Weihnachten meint Gemeinschaft Wilhelm Weber

    Liebe Christen!

    Warum feiern wir überhaupt Weihnachten? So elementar muss man heute nach dem Sinn eines Festes fragen, das viel mehr vom Weihnachtskommerz als von den Kirchen in Erinnerung gebracht wird. Lohnt es sich überhaupt noch, über die religiöse Seite von Weihnachten nachzudenken oder ist mit der Auskunft, dass Jesus Geburtstag hat, schon alles gesagt? Es lässt mir keine Ruhe: ich muss Ihnen zu diesem Thema einige Gedanken sagen. Und ich hoffe sehr, dass ich auch jene erreiche, die heute weniger aus christlich gläubiger Überzeugung denn aus familiärer Rücksichtnahme hergekommen sind.

    1. Gott wird Mensch.
    Das ist die Urbotschaft des Weihnachtsfestes überhaupt, dass Gott in Jesus in unser menschliches Dasein eingetreten ist. So viel sind wir ihm wert, dass er einer von uns wird, "in allem uns gleich, außer der Sünde" (Hbr 4,15). Er will einfach unter uns sein, mitfühlen mit unserer Schwäche, versucht werden wie jeder Mensch versucht wird, er will mitleiden wie ein Sklave, dem seine Rechte und seine Würde genommen sind. Gerade die Armen und die Menschen in Not sind ihm ans Herz gewachsen. Ihr Leben will er teilen und heilen. Gott ist nicht nur für die paar Katholiken Mensch geworden oder die Christen allgemein, sondern für alle Menschen. Schließlich ist er der Schöpfer aller Menschen. Und es gibt keinen Menschen, den er nicht liebt oder dem er seine Gemeinschaft und Freundschaft vorenthalten würde. Ach, wenn wir Katholiken das doch mal begreifen würden, wie nahe uns Gott längst ist und wie abwegig es ist, ständig Grenzen zu ziehen zwischen den Guten und den Bösen, zwischen den Würdigen und den Unwürdigen, den Gläubigen und den Ungläubigen, den Kirchlichen und den Nicht-Kirchlichen. Weihnachten ist ein Appell zu mehr Gemeinsamkeit, zu mehr Gemeinschaft. - Zugegeben: als Kirche geben wir da ein schlechtes Beispiel. Wir verrammeln die Kirche mit Verboten, Verurteilungen und Exkommunikationen und wundern uns, dass keiner mehr in die Kirche hereinkommt.

    2. Wir sitzen alle in einem Boot.
    Wenn wir eins in der Vergangenheit aus der Globalisierung gelernt haben, dann ist es die Tatsache, dass wir Menschen alle in einem Boot sitzen. Wir sind auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen: in Fragen der Überbevölkerung, der Ernährung, der Gesundheit, der Ökologie, der Energieversorgung und dem Zugang zu sauberem Wasser. Jeder Mensch hat ein Recht auf Leben. Und jeder ist bestrebt, dieses Recht in Anspruch zu nehmen. Wo aber dieses Recht nicht gewährt wird, wo wir uns gegenseitig dieses Recht streitig machen, wird es Kriege geben. Gewalt aber hat noch nie ein Problem wirklich gelöst. Es wird uns nichts anderes übrig bleiben, als miteinander und füreinander Verantwortung zu übernehmen. Als Christen ist uns diese Verantwortung längst bewusst, und die Weihnachtsbotschaft erinnert uns immer wieder daran. Aber es ist keine andere Verantwortung als die, die auch auf alle anderen Menschen zukommt, egal welcher Weltanschauung oder Religion sie angehören oder wie grundsätzlich sie sich zum Atheismus bekennen. Vielleicht hat Religion da mit ihrer Botschaft von der Liebe das größere Motivationspotential.

    3. Die Kirche muss Zeichen setzen.
    Wenn die Kirche überleben will, muss sie endlich im neuen Jahrtausend ankommen. Dass der gegenwärtige Zustand der Kirche verheerend ist, erkennen die Verantwortlichen schon, aber sie gehen in die Vergangenheit, in die verkehrte Richtung, um die Kirche zu erneuern. Im Heute muss die Kirche Zeichen setzen: Zeichen der Gemeinschaft mit anderen Christen, indem sie sich ökumenisch öffnet; Zeichen der Gemeinschaft mit jenen Menschen, denen man nur durch Liebe und nicht durch Ausschluss aus der Gemeinschaft hilft, z. B. denen, die nach einer gescheiterten Ehe wieder heiraten; Zeichen der Gemeinschaft mit jenen Menschen, denen man bereits im Neuen Testament das Wort in der Kirche verboten hat und heute noch die Übernahme eines Weiheamtes vorenthält, den Frauen; Zeichen der Gemeinschaft vor allem mit den Armen, die Jesus besonders in sein Herz geschlossen hat. In diesem Zusammenhang dürfte man von den Kirchlichen Würdenträgern auch etwas mehr Bescheidenheit im Auftreten und in der Lebensführung erwarten. Bischof Tebartz-van Elst ist da ein abschreckendes Beispiel der jüngeren Generation. Der unbedingt nötige Aufbruch in der Kirche darf nicht nach hinten losgehen, also nicht in die Vergangenheit, sondern in die Gegenwart, von der aus die Zukunft beginnt.

    Wie immer bin ich zuversichtlich, unheilbar optimistisch, dass es dennoch irgendwann in unserer Kirche aufwärts geht. Manchmal muss man eben abwarten, bis ein Generationswechsel eingetreten ist. Aber Gott ist seiner Kirche nahe und sein Geist bleibt in ihr gegenwärtig. Mit dieser Überzeugung kann ich gut Weihnachten feiern. Und das wünsche ich Ihnen und Ihren Angehörigen auch: ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest.

    Amen

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    Weihnachten und die Ströme der Flüchtlinge und Migranten Wilhelm Weber

    Liebe Christen!

    In diesem Jahr (2015) feiern wir Weihnachten in einem ganz besonderen gesellschaftlichen Kontext. In den letzten Wochen und Monaten sind Tausende von Flüchtlingen und Migranten in unser Land geströmt und suchen hier Schutz für Leib und Leben und eine Zukunft, die besser sein möchte als im Land, aus dem sie geflohen sind. Ich meine, dass wir als Christen in dieser besonderen Situation kein schlechtes Bild abgegeben haben.
    Ich will erläutern, was ich so positiv finde:
    " Die politische Führung hält die Grenzen offen für Schutz Suchende aus Kriegsgebieten und für im Heimatland Verfolgte.
    " Die Bevölkerung ist unheimlich hilfsbereit - die Einen aus christlicher Verantwortung, organsiert in entsprechenden Organisationen; andere aus humanitärer Einstellung, organisiert in Hilfsorganisationen der unterschiedlichsten Art; manche als Einzelkämpfer, andere auch als Teams. Die Menschen helfen einfach, ohne auf die Religion oder Weltanschauung der anderen Helfer zu schauen. Und das geht offenbar.
    " Dadurch beeinflussen die Helfer maßgeblich die öffentliche Meinung und das Klima in der Flüchtlingsfrage positiv. Das ist das wirksamste Mittel, Ausländerfeindlichkeit in Schranken zu weisen.
    " Die Flüchtlinge sind in der Regel muslimischen Glaubens. Das stört keinen, ihnen jegliche Hilfe angedeihen zu lassen.
    " Wir stehen buchstäblich not-gedrungen in Kommunikation mit Menschen islamischen Glaubens und erfahren so, welche Kraft ihnen ihr Glaube gibt. Das ist ein Lernprozess am Menschen.
    Im Übrigen ist Flucht, um sein eigenes Leben zu retten, durchaus ein biblisches Thema. Maria und Josef fliehen mit ihrem Kind von Nazareth nach Ägypten, weil der Pharao dem einen Kind Jesus nach dem Leben trachtet und daher vorsichtshalber alle Jungen seines Alters töten lässt. - Und wir Deutsche wissen doch aus geschichtlicher Erfahrung, wie wichtig es ist für Menschen, denen man nach dem Leben trachtet, dass sie nach der Flucht auch irgendwo eine Zuflucht finden. - Ich halte es für wichtig, dieses humanitäre Engagement in Deutschland am Weihnachtsfest, dem zentralen Fest der Menschlichkeit Gottes, lobend zu erwähnen. Das Lob möge dazu beitragen, dass wir in unserer Hilfe nicht nachlassen, sondern dass wir auch weiterhin für die Menschen da sind, die unserer Hilfe bedürfen. Es ist noch viel zu tun.
    Wer hilft, hat anschließend ein gutes Gefühl; das kennen wir alle. Das ist ein Glücksgefühl. Glück kann man nicht kaufen. Glück stellt sich ein im Umgang mit Menschen, denen man wichtig geworden ist. Das wissen verliebte Paare, auch schwule und lesbische, das kennen Pflegerinnen und Pfleger und eben auch Flüchtlingshelfer.
    Ich wünsche Ihnen an dieser Stelle ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest, Glück und inneren Frieden

    Amen

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    Wie heute Weihnachten feiern? Wilhelm Weber

    Liebe Christen!

    Alle Jahre wieder feiern wir Weihnachten. In diesem Jahr war die Vorbereitungszeit sehr kurz. Aber wenn es dann so weit ist, dann ist eines klar: es wird gefeiert.

    Feiern ist ein Grundbedürfnis des Menschen.

    Oft ist es die Kirche, die mit ihren Festen und Hochfesten den Anlass fürs Feiern vorgibt - wie heute mit dem Geburtsfest Jesu. Oder es sind die persönlichen Lebensstationen wie Geburtstag, Hochzeit oder Jubiläen, die gefeiert werden. In jedem Fall ist ein Fest Ausdruck der Überzeugung, dass das Leben schön ist und einen Sinn hat und dass das eine Feier wert ist. So wird der Hoffnungsüberschuss, der in uns steckt, wach gehalten und öffentlich bezeugt. Und selbst das Begräbnis ist eine Feier, die bekundet, dass das Leben weiter geht und dass die Hoffnung auf Sinn trotz des Verlustes eines lieben Menschen nicht erloschen ist. Feiern ist wichtig und kommt dem Grundbedürfnis des Menschen entgegen, besonders des jungen Menschen. Für viele jungen Menschen ist das Leben eine einzige Party. Es ist Ausdruck der Lebensfreude, der Sinnfülle und der unbegrenzten Möglichkeiten. Es ist schön, jung zu sein. Und für die Älteren ist es nützlich, wenn sie von diesem Lebensgefühl etwas zurückbehalten haben. - Ein zweiter Gedanke:

    Es gibt Rituale des Feierns.

    Der Begriff des Ritus ist uns aus der Kirche bekannt. Aber es gibt auch häusliche Rituale. An Weihnachten die Bescherung der Kinder, das gegenseitige Besuchen der Familienmitglieder mit ihren Kindern, der Kirchgang, das gemeinsame Mahl; manchmal unterliegt sogar die Speisenfolge einer jahrelangen Tradition. Solche Rituale setzen Gefühle der Sicherheit und Geborgenheit frei; es ist wie Wellness-Time.

    Auch die Kirche kennt an ihren Festen solche Rituale, man nennt sie hier eher Riten. Am ausgeprägtesten ist das in der Kar- und Osterliturgie. Aber auch Weihnachten hat seine traditionellen Akzente: die Krippe, die Weihnachtsbäume und natürlich die Festliturgie. Es ist im Grunde immer die eine und selbe Messe, die bei allen Gelegenheiten gefeiert wird; heute allerdings besonders festlich mit leuchtenden Kerzen und vielen Messdienerinnen und Messdienern, mit Kirchenchor und& Auch das gibt Heimat. Deshalb sind Weihnachten meist mehr Leute in der Kirche als bei anderen Gelegenheiten. Kirche tut etwas für die Seele, und das tut dem Gemüt gut. Und jeder Pastor freut sich, wenn es ihm gelingt, an solchen Feiertagen mit der Gestaltung der Liturgie die Menschen anzusprechen. - Ein letzter Gedanke:

    Trotzdem bedarf es immer der Aktualisierung des christlichen Festinhaltes.

    Wenn wir so Weihnachten feiern, wie ich es bisher geschildert habe, dann wird es auf Dauer langweilig. Das Fest braucht neben den gewohnten Ritualen auch der steten Aktualisierung, die auf die Lebenswirklichkeit heute bezogen ist. Was meine ich damit?

    Weihnachten ist ja der Geburtstag eines Menschen, der für uns besonders wichtig ist. Nach ihm und nach seinen Vorgaben wollen wir unser Leben gestalten und für unser eigenes Leben Sinn stiften. D. h.: wir, die wir uns nach Christus Christen nennen, wollen selber ein Bisschen so sein wie er. Ich hatte da eigentlich an mehr gedacht als nur an eine großzügige Kollekte. Z. Bsp. könnte ich mir vorstellen, dass man für ein Kind, das es nötig hat, so etwas wie Ansprechpartner, Vertrauensperson, Lernhelfer, Oase werden könnte. Wohlgemerkt: ich meine keine Patenschaft irgendwo, die mit Geld abgegolten wird. Oder ich denke an ältere Menschen, die alleine wohnen, denen aber die Bewältigung der alltäglichen Pflichten schwer fällt: vielleicht kann man ihnen durch zuverlässige persönliche Hilfe noch ein paar Jahre in der eigenen Behausung ermöglichen. Oder ich denke an Kranke, die Zuwendung und Ermutigung brauchen. - Weihnachten feiern heißt eigentlich: vom hohen Ross der Selbstgenügsamkeit und Ichbezogenheit herunterzusteigen und Partner und Freund werden für einen, der´s braucht. Das stiftet Sinn auch fürs eigene Leben.

    So etwas ist natürlich keine Sache für einen Tag, etwa für den ersten Weihnachtstag. So etwas könnte man aber vielleicht Weihnachten mal überlegen, wie das in Zukunft aussehen kann. Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, unauffällig zu helfen, einfach da zu sein, wo´s nötig ist, zu umarmen, wo´s angebracht ist, zu trösten, wo alles trostlos scheint. Weihnachten feiern muss Konsequenzen haben!

    Zum Schluss wünsche ich Ihnen und Ihren Angehörigen, die nicht zur Kirche kommen können oder wollen, ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest.

    Amen

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    Wir und die Anderen an Weihnachten (Weihnachten 2008) Wilhelm Weber

    Liebe Christen!

    Ich habe meine Weihnachtspredigt in diesem Jahr unter die Überschrift gestellt: "Wir und die Anderen an Weihnachten". Wir - das sind wir hier, die wir in die Kirche gekommen sind, um gemeinsam die Christmette zu feiern. Wir werden von Jahr zu Jahr weniger. Und nicht einmal für uns ist die frühere Selbstverständlichkeit mehr zwingend, dass man an Weihnachten in die Kirche geht. Aber die Zahl derer, die Weihnachten ohne Kirche auskommen, - die meine ich mit den Anderen - wird von Jahr zu Jahr größer, oft in der eigenen Familie. Und vielleicht denkt der eine oder andere von uns im nächsten Jahr schon ähnlich, dass sich Kirche nicht mehr lohnt. Wir leben hautnah mit denen zusammen, die von kirchlicher Religiosität nichts mehr halten. Genauer gesagt: in uns selbst bohrt der Zweifel am Sinn kirchlicher Praxis ganz gewaltig. - Drei Gedanken:

    1. Selbstvergewisserung
    Es wird wichtig sein, dass wir, die Praktizierenden, uns selber immer wieder vergewissern, warum wir noch zur Kirche gehen und warum das für uns wichtig ist. Wir müssen nämlich aufpassen, dass wir selber nicht den Boden unter den Füßen verlieren.

    Also die Frage: Warum lohnt es sich, der Weihnachtsbotschaft wegen in die Kirche zu gehen? Es lohnt sich deshalb, weil die Erinnerung an die Liebe Gottes unser Leben verändern kann. Gott will ganz nahe bei den Menschen sein, und zwar bei den Armen und Unterdrückten und von mancherlei Leid Gezeichneten an erster Stelle. Er will mit ihnen gemeinsam nach Wegen der Befreiung suchen. Das Weihnachtsfest hat zum Inhalt die Solidarisierung Gottes mit den Menschen und hat das Ziel, dass die Menschen menschlicher werden im Umgang miteinander und in der Sorge füreinander. Der christliche Sinn des Lebens besteht ja nicht in erster Linie in der Vermehrung des eigenen Glücks, sondern in der Ermöglichung von Freiheit, Recht, Gerechtigkeit, Gesundheit und Lebensqualität für jene, die diese Güter entbehren. Das kann man nicht mit einer Spende erledigen, das sind Lebensprozesse, die immer wieder neu der Justierung bedürfen. Wie Jesus das vor 2000 Jahren gemacht hat, so ist es unsere Aufgabe als Kirche, das heute und auf unsere Zeit zugeschnitten ebenfalls zu tun. Darum sind Verkündigung und Gottesdienst so wichtig.

    Allerdings habe ich meine Zweifel, ob der sonntägliche Gottesdienst, wie ich ihn in den verschiedensten Gemeinden erlebe, diese Justierung leistet. In den neuen pastoralen Großräumen ist allenfalls geistliche Fast-Food-Versorgung möglich. Und solche Nahrung hängt einem irgendwann zum Hals heraus.

    2. Verständnisbereitschaft
    Wir haben keinen Grund, über die Menschen abfällig zu urteilen, die der Kirche und ihrem Gottesdienst den Rücken gekehrt haben. Jeder Mensch hat seine eigene Lebensgeschichte, und in diese Lebensgeschichte sind verwoben religiöse Erfahrungen, die sehr positiv gewesen sein können oder auch das Gegenteil. Oft haben auch überhaupt keine prägenden religiösen Erfahrungen stattgefunden. Eines ist sicher: Experten wollen - gerade bei jüngeren Menschen - ein neues Verlangen nach Spiritualität und Religion festgestellt haben. Aber offensichtlich vermag die Kirche diesen Trend nicht auffangen zu können, er geht an der Kirche vorbei.

    Ich denke, es wäre wichtig, dass jeder von uns mit den Anderen über die Gründe spricht, warum im Einzelfall kein Draht zur Kirche mehr besteht. Dabei ist das Zuhören wichtiger als die Belehrung oder das Streitgespräch. Uns fehlt nämlich weithin die Wahrnehmung der Ablehnung. Wer vorschnell urteilt, die nicht Anwesenden wären zu faul oder zu bequem oder zu gottlos, macht es sich zu leicht. Denn ein engagiertes Christenleben ist ungeheuer aufregend und eigentlich für junge Menschen attraktiv. Wenn sich die Menschen aber in Scharen von der Kirche verabschieden (ob mit oder ohne offiziellen Austritt), dann könnte auch in und an der Kirche etwas nicht stimmen. Die kritische Besinnung darauf lässt allerdings noch auf sich warten.

    3. Zeugnis im Kleinen
    Was können wir tun? Es ist dieselbe Frage, die im Lukasevangelium die Leute an Johannes den Täufer richten. Und der antwortet darauf: "Wer zwei Gewänder hat, der gebe eins davon dem, der keins hat, und wer zu essen hat, der handle ebenso." Es kamen auch Zöllner zu ihm, um sich taufen zu lassen, und fragten: "Meister, was sollen wir tun?" Er sagte zu ihnen: "Verlangt nicht mehr, als festgesetzt ist!" Auch Soldaten fragten ihn. Und er antwortete: "Misshandelt niemand, erpresst niemand, begnügt euch mit eurem Sold!" (3,10-14). Es sind also die einfachen Dinge des Alltags, die Selbstverständlichkeiten, die Johannes der Täufer anspricht und die die Welt verändern.

    Ähnlich möchte auch ich antworten auf die Frage "Was können wir tun?" Zeugnis ablegen im Kleinen: in der Familie, im Freundeskreis oder auch in der Politik, in den Medien, selbst in der Kirche. Das ist wichtig: das unterscheidend Christliche zu tun - im Kleinen wie im Großen. Sie glauben gar nicht, wie spannend das sein kann, wenn man seinen eigenen Weg geht, den man mit guten Gründen für den christlichen erkannt hat, und sich nicht vom allgemeinen Trend der Gleichgültigkeit fremd bestimmen lässt. Machen Sie doch mal den Versuch, in Ihrem alltäglichen Umfeld die Würde jedes Menschen, der Ihnen begegnet, zu achten. Zur Würde des Menschen gehört es, dass wir seine eigene Meinung achten (auch wenn wir begründet eine andere haben); es gehört dazu die Achtung seiner Religion, (auch wenn wir eine andere für richtig halte); es gehört dazu die Achtung seiner Lebens- und Weltanschauung, seiner sexuellen Identität, auch seiner Armut und seines Leides. Die meisten christlichen Haltungen kosten kein Geld, aber Mut. Ohne Mut zur Toleranz und ohne Mut zum Widerspruch gegen Intoleranz geht Christentum nicht. Erst wenn wir diesen Mut aufbringen, machen wir Ernst mit der Menschwerdung des Menschen - gewissermaßen als Antwort auf die Menschwerdung Gottes, deren Beginn wir heute feiern. Wenn wir als Christen anders sind als die Anderen, werden wir bei den Anderen auch wieder positive Beachtung finden.

    Weihnachten ist ein spannendes Fest mit weit reichenden Folgen, wenn man sich darauf einlässt. Wagen Sie das Abenteuer! - In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihren Lieben daheim ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest.

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    Die Botschaft der Weihnachtskrippe Wilhelm Weber

    Liebe Christen!

    Es ist ein guter Brauch in den katholischen Kirchen und in vielen Haushalten, dass zu Weihnachten eine Krippe aufgebaut wird. Das weihnachtliche Szenario wird einfach dargestellt - ohne Worte. So bekommt das Festgeheimnis Gestalt. Und der Betrachter mag darüber nachdenken, welche Botschaft von jeder einzelnen Figur ausgeht. Dazu nun einige Gedanken.

    1. Das Kind in der Krippe
    Da ist zunächst das Kind in der Krippe. Es ist so wichtig, dass alle - von der Mutter angefangen bis zum entferntesten Hirten - auf das Kind ausgerichtet sind. Das Kind liegt ungeschützt vor aller Augen da. Es redet nicht, tut nichts, es ist einfach da; und in seinem bloßen Dasein ist es eine Botschaft Gottes. Diese Botschaft könnte man so umschreiben: "Ich bin ein Geschöpf Gottes; d. h.: ich existiere aus Gott und für Gott, und das macht mich glücklich. Freut euch mit mir!" Offensichtlich ist Kindsein ein Segen. Später wird Jesus den Erwachsenen sagen: "Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, ist der Himmel nicht für euch." - Das alles gilt natürlich nicht nur von dem einen göttlichen Kind, sondern von jedem Kind in dieser Welt. Die Botschaft heißt dann: Du darfst sein. Von Gott hast du deine ureigenste Daseinsberechtigung; denn dein Dasein ist ebenfalls eine Botschaft Gottes an die Welt. Darum hab den Mut, du selber zu sein! Denn nur in deiner unverwechselbaren Einmaligkeit bist du Gottes Wort an die Menschen. Versteck dich nicht! Denn dazu bist du viel zu wichtig. Wenn es dich nicht gäbe, würde dem Kosmos ein Edelstein fehlen. Und sei Kind! Denn deine Hilflosigkeit bewahrt dich davor, deinen Selbstwert von der Leistung abhängig zu machen.

    Warum ich das sage? Weil Gott einer von uns geworden ist; nicht im Gegensatz zu uns ein Supermensch, sondern in Freundschaft zu uns in allem uns gleich, außer der Sünde.

    2. Maria, die Mutter
    Dann ist da Maria, die Mutter. Was sie bewegt, ist das Kind und wie es dazu kam. Ganz alleine in eigener Verantwortung hat sie der Schwangerschaft zugestimmt. Und nun liegt das Kind da vor ihr - nicht durch irgendein Gesetz erzwungen, sondern freiwillig angenommen; nicht aus dem Wollen des Mannes, sondern aus Gott geboren. Die Botschaft Marias könnte man so formulieren: Was Gott will, das soll der Inhalt meines Lebens sein. Die Verwirklichung meiner selbst liegt in dem, was Gott aus meinem Leben macht. -

    Was empfinden Frauen heute im Angesicht jener Frau, die vor ihrem Kind kniet? Einer jeden mag da anderes in den Sinn kommen. Gibt es eine Botschaft, die für uns eine wirkliche Offenbarung sein könnte? Maria formuliert das so: "Auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. Großes hat der Mächtige an mir getan. Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind. Machthaber stürzt er vom Thron, und Niedrige erhöht er. Darum: Groß rühmt mein Leben den Herrn, und mein Geist jubelt über Gott; denn er ist mein Retter." Das Magnificat als Entwurf des neuen Menschen: die Macht der Liebe ersetzt die Herrschaft der Gewalt. Maria sprengt das traditionelle Rollenverständnis der Frauen wie der Männer. Sie findet zu sich selbst, indem sie Gott in ihrem Leben Raum gibt.

    3. Und Josef
    Und Josef. Er ist dabei, aber stumm. Er liebt das Kind und sorgt für es, auch wenn es nicht sein eigenes ist. Keine Spur von Herrschaft, keine moralischen Vorhaltungen gegenüber seiner Frau. Er versucht zu verstehen. Der Engel muss ihm dabei helfen. - Das französische Sprichwort Comprendre c´est pardonner (Verstehen ist Verzeihen) trifft auf ihn zu. Die Botschaft dieser Krippenfigur möchte ich so beschreiben: Geduld mit sich und anderen sowie die Bereitschaft zu verzeihen heilen die Welt, heilen die Familien, heilen Partnerschaften. Wer immer schon alles weiß, besser weiß und die Moral retten will, richtet die Welt zugrunde.

    4. Und die Hirten
    Und dann sind da noch die Hirten. Sie sind mir ganz besonders sympathisch. Sie sind einfache Leute, d. h. ungebildet, aber auch unverbildet. Und sie sind arme Leute, d. h. sie haben nichts für herzugeben, es sei denn sich selber hinzugeben. Nicht Geld und Gut, nicht Ehre und Karriere bringen sie auf den Weg zur Krippe, sondern ein Engel. Ihm gelingt es, die unverbildeten Habenichtse neugierig auf Gott zu machen. Und so sind sie in neutestamentlicher Zeit die ersten Gottsucher. Dass sie zudem erfolgreich sind bei ihrer Suche, dass sie also das göttliche Kind in der Krippe finden, macht sie um so liebenswerter. Ihre Botschaft möchte ich so ausdrücken: Wer Gott finden will, muss aufbrechen aus seiner gewohnten Umgebung; er tut sich auf der Suche um so leichter, je weniger er besitzt; und er muss eine ursprüngliche, ungesättigte Neugier mitbringen. Dann mag Gott sich finden lassen - heute wie damals.

    Betrachten Sie, meine lieben Zuhörerinnen und Zuhörer, unsere Krippe hier in der Kirche oder ihre eigene daheim irgendwann einmal in aller Ruhe. Vielleicht kommen Ihnen dann noch ganz andere Gedanken, die Ihnen den Kern des Geheimnisses der Menschwerdung Gottes erschließen. Möge dieses Fest sie froh machen, Ihrem Leben und Ihrem Glauben neue Impulse geben und die Freude an Gott und seiner Kirche mehren. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest.

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